Ich wollte noch weiter protestieren, doch da Lyra um einiges stärker war als ich und beschlossen hatte mich zum Arzt zu schleppen, fast schon wortwörtlich, hatte ich keine Chance mich groß zu wehren, weshalb ich schließlich einfach ergeben mitging, wobei ich versuchte sie nicht zu sehr mit meinem geringen Gewicht zu belasten. Wir brauchten nicht sehr lange zu dem Arzt, doch es kam mit wie eine Ewigkeit vor, selbst wenn ich keinen Tom darüber verlauten ließ. Als wir endlich da waren stand mir kalter Schweiß auf der Stirn und meine sowieso schon helle Haut war nun fast völlig weiß. Ich zwang mir ein dünnes Lächeln als Gruß an den Mann auf, der dann wohl der befreundete Arzt war, Stan nannte Lyra ihn. Die beiden häkelten sich zwar gegenseitig, schienen sich aber prächtig zu verstehen. Schließlich konnte ich mich auch wieder hinsetzen, der Raum war erhellt und man konnte den Generator hören, der dafür sorgte. Mit mittlerweile vor Schmerzen glasigen Augen lächelte ich Stan trotzdem an. Ich glaube meine Schulter ist ausgerenkt, aber Lyra war schon so lieb sich um sie zu kümmern. Mein Fuß tut weh, aber das ist sicher nichts als eine kleine Verstauchung. Das ganze Blut waren nur Streifschüsse, aber die haben schon wieder aufgehört zu bluten und... naja, meine Rippen sind in Mitleidenschaft gezogen worden.

Mit seiner Annahme daß Stan und ich uns prächtig verstanden hatte er gar nicht so unrecht, immerhin kannten wir uns schon von klein auf da er früher unser Nachbar gewesen war und wir damals schon oft was miteinander gemacht hatten. Er hätte direkt nach der Schule sein Studium begonnen und hatte jetzt diese kleine Praxis bei sich im Haus.
Stan hörte ihm aufmerksam zuy nickte ab und zu leicht und nahm ihn dann nochmal genau in Augenschein. ,,Gut dann würde ich sagen einmal raus aus deinem Oberteil damit ich an Schulter und Rippen gut ran komme. Lass dir notfalls von dem Quälgeist da helfen. In der Zwischenzeit sehe ich mir mal deinen Fuß an", sagt er dann und hebt sich diesen auf den Schoß um ihm Schuh und Socke auszuziehen. Vorsichtig tastete er den Fuß dann ab, bewegte ihn ganz leicht und fragte bei jeder Berührung und Bewegung ob es weh tat und wenn wie sehr.
Ich wartete ab ob es was für mich zu tun gab und als es hieß das ich Mattis helfen sollte, sah ich diesen fragend an ob er meine Hilfe haben wollte oder ob er es lieber allein versuchen wollte.

Ich wollte mein Oberteil eigentlich gar nicht gerne ablegen, ich hasste den Anblick meines eigenen Körpers, doch Stan war ein Arzt und Lyra würde mich kaum hier weg lassen, ohne, dass er sich mich ansah. Schon okay, ich schaffe das. Wie so oft musste ich mich also in etwas fügen, das mir unangenehm war, und begann zögernd mein Hemd aufzuknöpfen, dass statt weiß mittletweile mehr rot gefärbt war. Das kann ich wohl wegwerfen. Unter dem jetzt steifen Stoff kam meine helle, aber doch von blauen Flecken in verschiedenen Abheilfasen, Narben und vor allem den aktuellen Verletzungen vetunstaltete Haut zum Vorschein. Meine Rippen auf meiner rechten Seite waren von einem riesigen Bluterguss bedeckt, meine rechte Schulter war eindeutig nicht da wo sie sein sollte, sie war eindeutig ausgekugelt, und zwei der drei Streifschüsse zierten meine linke Flanke und meinen rechten Oberarm. Die Verbrennung an meiner linken Hand hatte ich schon völlig vergessen gehabt und sah sie einen Moment verwirrt an, ehe ich meinen Blick rasch überall hin wandte, nur nicht auf meinen eigenen Oberkörper. Ich beantwortete die Fragen mechanisch und ohne Fokus.

Mattis wollte sich allein ausziehen was ich akzeptierte und daher blieb wo ich war. So wie sein Oberkörper aussah schien er entweder sehr tollpatschig zu sein oder er wurde öfter als Glücksbringer oder was auch immer genutzt. Die Tatsache daß letzteres der Fall sein könnte regt mich auf da so etwas einfach nur scheiße war von "seinen" Leuten und ich verschränkte zornig darüber die Arme, zwang mich jedoch zur Ruhe. Das ich sie Beherrschung verlor war gerade das letzte was wir brauchen könnten.
Stan nickte leicht nachdem er alle Informationen zu seinem Fuß hatte die er haben wollte und versorgte diesen dann mit einer Salbe und einem Stützverband. Als nächstes kümmerte er sich schnell um seine Schulter, untersuchte diese bevor er ihn vorwarnte das er sie wieder einrenken musste. Da fühlte ich mich angesprochen und ich stellte mich zu Mattis, nahm seine Hand und lächelte leicht. ,,Damit du was zum festhalten hast", sagte ich leise und nickte Stan leicht zu. Dieser erwiderte die Geste, griff richtig zu und renkte seine Schulter fachgerecht wieder ein was sicher alles andere als angenehm oder schmerzfrei war.
,,Die Schulter legen wir in eine Schlinge und du wirst sie eine ganze Weile ruhig halten müssen. Jetzt gebe ich dir aber erst als was gegen die Schmerzen den der Rest wird auch nicht viel angenehmer. Du kannst dich gleich auch hinlegen", sagte Stan. Er bekam dann eine richtige Schlinge für seinen Arm und so als er lag gab es eine Morphiumspritze für ihn bevor dann sich dann auch um seine Rippen gekümmert wurde was etwas länger brauchte als der Rest.

Ich hatte mit dem Einreken gerechnet, das war immerhin nicht meine erste ausgekugelte Schulter, aber ich war überrascht, als Lyra meine Hand nahm. Ich sah kurz verwirrt hinunter, schenkte der Söldnerin dann aber ein dankbares Lächeln. So sehr ich allerdings auch an den Prozess des Einrenkens gewöhnt war, machte es doch den Schmerz nicht besser und ich biss mir, statt nur die Zähne aufeinander zu pressen, in die Unterlippe, von der ich nun auch wieder Blut abwischen durfte. Mein Arm wurde rasch in eine Schlinge gepackt und dann spürte ich das Piksen einer Nadel, gefolgt von Wärme, die sich in meinem Körper auszubreiten und sich über all die schmerzenden Stellen zu legen schien, die dieser aufbrachte. Ein ungewohntes Glücksgefühl stellte sich ein und meine Augenlider fühlten sich viel schwerer an als zuvor noch. Danke. Mein Körper entspannte sich von selbst und ich sah hoch zur Decke, wobei sich die restliche Untersuchung so sehr viel besser aushalten ließ.

Erst wirkte er verwirrt von meiner Aktion aber dann lächelte er dankbar. Im nächsten Moment Biss er sich fest auf die Lippe, so sehr das er sich Blut abwischen musste. Als er das Morphium bekam lachte ich leise denn er sah auf einmal so entspannt aus und als ob er gleich einschlafen würde, was aber wohl nur an seinen schwer werdenden Augenlidern lag. Ich ließ seine Hand dann auch wieder los und überließ Stan das Feld.
Dieser prüfte erstmal ob er innere Blutungen hatte bevor er seine Rippen abtastete und die Knochen wenn nötig ein bisschen richtete damit sie auch richtig wieder zusammen wuchsen und ihm dann auch dort einen festen Verband anlegte, wofür er ihn mit meiner Hilfe minimal aufrichtete, der diese stützen und es ihm leichter machen sollte. Als nächstes versorgte er noch seine Streifschüsse und dann war er auch schon fertig.
,,Das hätten wir. Ich schreib noch ein Rezept für eine Salbe wegen des Blutergusses und dem Fuß und ein paar Schmerzmittel. Wenn es mit dem Fuß schlimmer wird kommst du entweder nochmal her oder gehst zu einem anderen Arzt damit deine Schiene oder auch Krücken bekommst. Aber erstmal sollte der Verband reichen so lange du keinen Marathon oder so läufst und ihn etwas schonst", meinte Stan während er mit seinem Hocker auch schon zu einem kleinen PC rüber rollte und sich ans ausschreiben der Rezepte machte. Ich selbst lächelte Mattis an und tätschelte ihm die unverletzte Schulter. ,,Na war doch gar nicht so schlimm. Wenn du mir gleich sagst wo du hin möchtest bring ich dich noch da hin. Hab ich dir ja mehr oder weniger versprochen", sagte ich leise und langsam damit er das mit seinem auf Schmerzmittel laufenden Geist auch mitbekam.

Ich griff ein bisschen ins Nichts, als Lyras Hand meine losließ, denn eigentlich vermisste ich plötzlich die Wärme und die Sicherheit die sie ausgestrahlt hatte. Von der weiteren Behandlung bekam ich nicht mehr viel mit, es tat hier und da wieder etwas weh, aber das Morphium überdröhnte das meiste deutlich. Ich ließ brav mit mir machen was sie wollten und brummte dann eine halbe Zustimmung, auch wenn ich mir nicht ganz sicher war, ob ich alles gehört oder verstanden hatte. Was Lyra mir dann aber sagte verstand ich wieder und ich nickte langsam. Will nachhause... Meine Stimme war deutlich verworren und unedeutlich. Entsprechend sah ich mich dann auch um, ziemlich verwirrt und daneben. Ich... brauch mein Hemd. Ich wollte nicht nur den neuen Verband am Oberkörper haben, lieber nahm ich wieder mein von Blut steifes Hemd.

Als ich sah wie er ins leere griff nachdem ich seine Hand losgelassen hatte weshalb ich diese dann auch wieder nahm. Wenn es ihm half machte ich das gerne. Von Stans Worten schien er nicht viel zu verstehen was mich wieder leise kichern ließ. ,,Dann bring ich dich nach Hause und Stan hat sicher ein Hemd das er nicht mehr braucht und das du anziehen kannst. Deines packen wir ein dann kannst du es Zuhause waschen", sagte ich leise und mit einem genervten Seufzen verschwand Stan auch kurz bevor er mit einem weißen Hemd wieder kam das ungefähr passen sollte wieder kam. Ich half Mattis schnell in dieses, wofür die Schlinge nochmal kurz abnehmen mussten aber dann war er auch wieder richtig angezogen und der Arm wieder ruhig gestellt. ,, Gut dann....danke Kumpel. Ich meld mich nochmal bei dir wegen einem richtigen Dankeschön und dann wollen wir doch auch nicht weiter aufhalten", sagte ich zum Abschied zu Stan,umarmte ihn kurz bevor ich Mattis von der Liege half und ihn wie auf dem Hinweg wieder etwas stützte und ihn langsam raus brachte. ,,So wo genau müssen wir hin?"

Zufrieden drückte ich immer wieder leicht die Hand, die meine hielt, versuchte dann aber, mit deutlichen Schwierigkeiten, dagegen zu protestieren, dass man mit ein neues Hemd gab, aber es nutzte alles nicht, ich wurde angezogen und fand mich dann plötzlich wieder auf der dunklen Straße wieder, auf der ich mich erst einmal eine Weile orientieren musste um zu erkennen in welche Richtung der Finch-Familiensitz lag, was mir einfach unmöglich war. Zu den Gärten. Nahe am Waldrand.

Ich beruhigte ihn als er protestierte wegen dem Hemd und erklärte ihm das es nur Fragen aufwerfen würde wenn uns jemand begegnete und er dann ein blutiges Hemd tragen würde. Wieder draußen nickte ich leicht als ich eine Richtungsangabe hatte, zog ihn sanft etwas weiter zu mir und dann ging es langsam los in Richtung der Gärten.

==> Der Außenbezirk - Die Gärten

Wie so oft stolpernd folgte ich Lyra, unsicher wohin wir genau gingen oder wo meine Füße waren und so konnte ich mich nur auf die Söldnerin an meiner Seite verlassen.
(Der Außenbezirk - Die Gärten)