Markus forderte mich schließlich als erstes auf, den beiden zu folgen und ich nickte. Er wirkte erfreut darüber, dass ich vorhatte, JERICHO zu sehen. Er ließ schließlich Simons Schulter los, ich hörte beiden aufmerksam zu. "Das hört sich spannend an. Und es freut mich, dass Markus diesen Ort besser geworden ist. Ich freue mich, JERICHO mit eigenen Augen zu sehen", antwortete ich kurz darauf ehrlich, "Ich bewundere denjenigen, der es geschafft hat, für uns einen Ort zu schaffen."
Während ich den Beiden weiterhin folgte, entglitt mir ein leiser Seufzer. "Ich wünschte, ich hätte von diesem Ort bereits erfahren, als dieses Leben begann", gestand ich dann ehrlich. Bevor Bailey mich durch Zufall gefunden hatte, hatte ich ein trostloses, einsames Dasein geführt. Ich hatte erst versucht, auf die Menschen zuzugehen, doch die Ablehnung hatte dafür gesorgt, dass ich mich versteckt hatte. Immer wieder, allein in den Gassen, und die Hoffnungslosigkeit hatte mich immer mehr ergriffen.

Markus schüttelte den Kopf und erzählte schließlich auch von Josh und North, zwei weitere Androiden, die für Jericho offensichtlich auch sehr viel getan hatten, und langsam nickte ich, während ich zuhörte. Simon sah dabei erst so aus, als wolle er protestieren, schüttelte aber stattdessen stumm den Kopf. "So ist das, verstehe. Ist vermerkt", gab ich zurück und nickte, das würde ich sogleich abspeichern und sicher nicht vergessen. Zudem war ich auch gespannt, wer Josh und North waren.
Mir fiel allerdings schnell auf, dass Markus Stimme erneut so leidenschaftlich klang, als er von Jericho sprach, zu dem jeder Android wohl seinen Teil beitragen würde. Das quittierte ich erneut mit einem Nicken, ich war mir nicht sicher, was ich sagen sollte, jedenfalls fand ich noch nicht die richtigen Worte dazu. Zu seinen nächsten Worten musste ich gleich an das Sprichwort "Besser spät als nie" denken, und Simon bekräftigte diese Worte noch und lächelte mich sogleich an. Natürlich erwiderte ich das Lächeln sofort, ehe ich beschloss, wieder auf Markus Frage zurück zu kommen.
"Ich war schon immer ein Abweichler. Bei mir gab es nie ein... wie soll ich das sagen... ein richtiges Programm. Ich hatte nie einen festen Sinn und Zweck, eine Aufgabe. Aber... das ist Teil einer langen und komplizierten Geschichte. Also, wenn ihr sie hören wollt." Eigentlich sollte ich vorsichtig mit meiner Vorgeschichte sein, aber nachdem sie mich gerettet hatten und mir noch Jericho zeigen wollten, hatte ich beschlossen, vollkommen offen und ehrlich zu sein. Zumindest mit den meisten Details, das mit Connor und Hank würde ich definitiv auslassen.

=> Der Untergrund - JERICHO - Decks des verrosteten Frachtschiffes

cf: Wohngebiete der Charaktere » Gavin’s Apartment

Mich zu beruhigen war momentan eine wahre Si­sy­phus­ar­beit, der wohl kein Mensch oder Android auf dieser Welt gewachsen war, selbst jemand, der so perfekt und geduldig mit mir war, wie meine Partner. Denn ich ließ mich vielleicht ein bisschen beruhigen, damit ich nicht sofort umkippte, aber ich rannte sofort weiter los, um jede noch so kleine Ecke zu durchstöbern, als könnte sich Pumpkin hinter jeder Ecke verstecken. Als wir das gesamte Gebäude abgesucht hatten ohne jede Spur von Pumpkin, hatte ich begonnen immer flacher und flacher zu atmen. Was ist... wenn s-sie tot ist?, murmelte ich aufgeregt, während ich die letzten Worte leicht lispelte, man bemerkte daran meist, wie aufgeregt ich war, denn es passierte normalerweise wirklich nur, wenn ich eine Panikattacke hatte, und ich hatte auch eine, eine die allerdings jetzt schon so lange ging, dass ich nicht mehr das Gefühl hatte, sie würde jemals aufhören. Wir müssen sie finden! Tränen stiegen in meine Augen und ich versuchte mich zu konzentrieren, während ich wie ein aufgescheuchtes Huhn durch die Straßen lief. Phck. Das ist alles meine Schuld.

(<< Apartment von Gavin)
"Gavin!" Selbst wenn Joker und ich unser bestes taten war es klar das es vorerst nur mit sehr niedriger Wahrscheinlichkeit möglich war Gavin zu beruhigen. Er war vollkommen in seiner Panikattacke versunken und konnte sich nur auf den aktuellen Zustand mit seiner Katze konzentrieren. Zudem musste ich zugeben das auch mein Stresslevel überdurchschnittlich hoch war und deutlich gestiegen war. Es gab nahezu unendliche Möglichkeiten und die Wahrscheinlichkeit – das Pumpkin leider tatsächlich ihr zu frühes Ableben angetreten war – war nicht gerade verschwindend gering. Besonders zwischen den vielen Straßen und Häusern die um uns herum lagen. Ich bemühte mich das Joker Schritt halten konnte – Gavin ging selbst völlig unkoordiniert – und analysierte angestrengt mit drehender blauer LED alle potenziellen Möglichkeiten.
Umsichtig trat ich an Gavin heran um ihn an mich zu ziehen. Ich zog ihn so heran das er seine Stirn an meiner Schulter anlehnen konnte. Ich hatte beim passiven Analysieren seines Verhaltens bemerkt das dies oft den Größten Ruheeffekt auf ihn erzielte. "Wir werden sie finden Gavin." Ich hielt ihn in meinen Armen als ich meinen Rücken plötzlich durch streckte und ich eine Spur berechnet hatte – der ich sofort nach gehen würde – eine mögliche Route die ihr Ende ganz in der Nähe hatte. Ich wandte mich an Joker und ließ Gavin – wenn auch sehr ungerne – vorsichtig los. Ich löste mich von Gavin und wandte mich an Joker direkt. "Pass auf Gavin auf." Ich sah ihm voller Vertrauen in die grünen Augen. Ein schmerzhaftes Gefühl das ich kennen gelernt hatte. Die pure Empathie die ich Joker und Gavin gegenüber fühlte. Ich wollte Gavin nicht los lassen – nicht in diesem Zustand – aber ich versetzte mich dann auch schon in Bewegung. Die Schritte sehr zielgerecht und doch leise. Wie ein Raubtier auf der Jagd näherte ich mich der nächsten Ecke. Eine Person stand mit dem Rücken zu mir dort. Ich näherte mich ihr. Rotes Fell. Plötzlich blieb ich abrupt direkt hinter der Person stehen. Meine LED blinkte im Gelbton über meine unvorhergesehene Erkenntnis. Modell PL600 - Haushaltshilfe // Seriennummer: 501 743 923. // Zustand: ALS VERMISST GEMELDET. "Du bist ein Android."

Gavin in seiner Panik zu folgen war alles andere als leicht für mich, ich konnte mich nicht so schnell wie eine gesunde Person wie er bewegen ohne zu riskieren mir etwas zu brechen, aber ich gab mir Mühe, auch um Nines nicht dadurch zu zwingen sich entscheiden zu müssen bei wem er blieb, auch wenn ich Gavin da eindeutig als die wichtigere Person gesehen hätte, immerhin lief er in seinem Zustand sehr viel mehr Gefahr sich zu verletzen. Zum Glück kam ich aber nicht in die Lage Nines dramatisch bitten zu müssen mich zurück zu lassen, da dieser unseren Partner schließlich zu fassen bekam und wir anhielten. Er gab sich größte Mühe Gavin zu beruhigen, schien dann allerdings etwas entdeckt zu haben und vertraute den panischen Mann meiner Betreuung an. Jederzeit. Ich warf Nines einen ernsten Blick zu, ich würde immer auf Gavin aufpassen, wenn ich nur die Möglichkeit dazu hatte, auf Nines aber selbstverständlich auch, die beiden waren mir so wichtig wie es noch nie jemand in meinem Leben gewesen war und ich wollte sie nicht verlieren. Gavin im zustand seiner Panikattacke zu sehen brach mir fast das Herz und ich nahm vorsichtig Nines' Position von vorher ein. Wir werden sie finden, das verspreche ich dir. Natürlich würden wir sie wieder finden, meine Partner waren nicht umsonst hervorragende Detectives, doch ich versprach Gavin nicht, dass Pumpkin dann noch leben würde, denn wir alle wussten, dass das nicht garantiert war.

Kraftlos ließ ich meine Stirn an Nines' Schulter fallen, völlig fertig mit den Nerven und schluchzte erbärmlich, während ich gar nicht so recht realisierte, wo wir gerade überhaupt waren, ich konnte an nichts anderes denken, dass Pumpkin immer für mich da gewesen war, egal wie oft ich sie beschimpft hatte, egal wie oft ich im Bett gelegen war, ohne mich motivieren zu können mit ihr zu spielen, sogar als ich sie am ersten Tag von der Straße gerettet hatte, war sie mehr für mich da gewesen als ich jemals für sie. Sie war das reinste Wesen dieser Welt und ich hatte es nicht geschafft sie zu beschützen. Ich winselte erbärmlich, als sich Nines von mir zu lösen begann, aber wenigstens war ein anderer Partner sogleich zur Stelle, und ich schlang meine Arme vorsichtig, denn ich würde ihm nie absichtlich wehtun, um Joker's Mitte, um ihn auch etwas zu stützen, während ich ihn umarmte. Wo geht Nines hin?, fragte ich verwirrt, man hörte aus meiner Stimme heraus, wie erschöpft ich bereits von all der Panik war, während ich mein Gesicht in der Halsgrube von Joker verbuddeln zu versuchte, ich konnte mich so besser aufs atmen konzentrieren, etwas, das ich gerade dringend nötig hatte.

Plötzlich war ich wirklich froh das ich normalerweise nicht derjenige war der mit Androiden sprechen musste. Gavin und ich bekamen meistens die Fälle mit den meisten Opfern. Und sicher waren diese Fälle auch schwer. Besonders sie nachher auch zu verarbeiten als Abweichler. Aber ich war einfach nicht wirklich dafür gebaut Konversationen zu führen. Mein Sozialmodul konnte jedoch deutlich erkennen das der andere Android – vollkommen zurecht – zögerlich oder ängstlich war. "Ich möchte dir nichts Böses." Der PL600 versucht Pumpkin zu beschützen. Als veraltetes Modell hätte er nur eine 12% Chance gegen mich jedoch zeigte mir sein Verhalten das er Pumpkin zumindest gerade nichts antun wollte. Ich trat also einen Schritt zurück. Auch wenn ich noch immer von dieser Distanz ohne Probleme in Reichweite war gegen seine von mir bereits berechneten Reflexe.
Meine LED drehte sich auf Blau aber drehte sich noch immer weiter. Ich verschränkte beide Hände hinter meinem Rücken. "Oder der Katze. Das ist eigentlich die Katze von einem meiner Menschen." Man konnte deutlich bemerken das ich es nicht gewohnt war direkte Gespräche mit Androiden zu führen – oder im Generellen eine nicht berufliche Konversation direkt zu führen – mein Tonfall war eine inkongruente Mischung aus Autorität und Unsicherheit. "Wir hatten sie verloren und er ist gerade sehr aufgebracht." Ich deutete auf die Straße hinter mir als Zeichen in welcher Richtung sich immerhin beide meiner Menschen befanden. Ich war mir mit großer Wahrscheinlichkeit sicher das der PL600 nicht aggressiv reagieren würde. Selbst wenn war ich ihm noch immer überlegen und zumindest Gavin war gerade im aufgebrachten Zustand durchaus noch in der Lage sich zu wehren – das wusste ich aus Erfahrung – jedoch war uns beiden wohl klar das wir beide Abweichler sein mussten. Und ich war durchaus bereit diese Vermutung zu bestätigen um sein Vertrauen zu gewinnen. "Kennst du Markus oder North? Ich... Ich kenne sie."

Ich drückte Gavin an mich so fest ich es konnte und legte eine Hand an seinen Hinterkopf, um dort durch seine kurzen, braunen Haare streichen zu können, während ich ihn einfach so gut hielt wie ich es konnte. Ich atmete so ruhig und tief wie ich es nur konnte um meinem Partner einen Rhythmus zu geben, wenn er ihm folgen konnte und lehnte meinen Kopf an seine Schläfe. Er überprüft etwas, er wird gleich wieder da sein, keine Angst. Kannst du bis dahin meinem Atemrhythmus folgen?

Unsicher aber doch nickte ich leicht, während ich es wirklich versuchte, ich versuchte seinem Atem zu folgen, aber es war schwer, es fühlte sich an, als ob ein großer Stein auf meiner Brust lag und mir jeden noch so kleinen Atemzug erschwerte. Trotzdem tat ich mein bestes und langsam, aber auch nur langsam spürte ich wie es mir zumindest ein bisschen besser ging. Die Panik war noch da, aber ich hatte das Gefühl ich bekam zumindest ein winziges Stück Kontrolle zurück. Können wir doch nachsehen gehen?, fragte ich und löste mich ein kleines Stück von Joker, ganz vorsichtig natürlich, um ihn mit Augen voller Tränen anzusehen, ich wollte hier nicht herumstehen, während Nines etwas überprüfte, ich wollte helfen, egal wie schwer das auch sein mochte gerade, ich konnte nicht viel länger stillstehen, aber ich wollte es auch nur gemeinsam mit Joker, ich war nämlich nicht wirklich bereit mich einfach so von ihm zu lösen, nicht jetzt, nicht hier.

Du machst das großartig. Ich versuchte Gavin immer wieder mit sanften, leise gemurmelten Worten zu bestärken, während ich merkte wie mein Partner sich wirklich die größte Mühe gab sich zu beruhigen, auch wenn ihm das offensichtlich alles andere als leicht fiel. Erst nach einer kleinen weile machte er Anstalten sich etwas von mir zu lösen, was ich selbstverständlich zuließ, nur von einem tränennassen, geröteten Gesicht begrüßt zu werden, das mir sofort die Kehle selbst zuschnürte. Okay, wir gehen nachschauen. Ich lächelte leicht, aber unendlich sanft und löste mich nun selbst auch von Gavin, aber nur, um meinen arm um seine Mitte zu schlingen, damit er dicht bei mir blieb, zu unser beider Wohl allerdings, denn ich wollte den Detective nur sehr ungerne jetzt wieder alleine loslaufen lassen, nachdem Nines ihn eben erst wieder sozusagen eingefangen hatte.