Wunderbar, ich werde eine ganz neue Folge für dich schreiben. Ich hatte bereits einige Ideen und das brachte mich dazu sogar leicht zu grinsen, was allerdings sofort verschwand, als ich spürte wie sich ein unverkennbarer druck hinter meiner Stirn aufbaute. Nein, nein, nein! Eine ungewollte Vision kündigte sich an und meine Augen begannen grün zu glühen. Ich setzte Isa auf dem tisch ab und schlug mir widerholt hart gegen die Schläfe. Hör auf! Hör auf! Ich wollte diese Vision nicht sehen und am aller wenigsten wollte ich eine vor jemand anderem als meinen Schwestern haben. Diese Visionen wirkten unheimlich auf andere, wann immer jemand sie sah hasste er mich nur noch mehr. Blythe war doch so nett gewesen, wie konnte ich es wagen sie in ein solches Unglück zu ziehen? Hatte ich nicht oft genug geklopft? Hatte ich das Salz über die falsche Schulter geworfen? Ich hatte den Zucker vergessen, nicht wahr? Dumm! Dumm! Dumm!

Gerade hatte ich Bruno versichern wollen, dass das wirklich nicht notwendig war, ich sah mir auch gerne eine alte Folge an, bevor ich verwirrt nachgefragt hätte, ob er sie tatsächlich selber schrieb. Ich fragte mich innerlich, ob ich dazu wohl ein Bühnenbild zeichnen durfte, aber ich war mir gar nicht sicher, wie er das gestaltete mit den Ratten, ob er überhaupt eines hatte oder ob das überhaupt so funktionierte, wie er es... kreativ beschrieben hatte. Allerdings begannen plötzlich seine Augen grün zu leuchten und ich konnte nicht anders, als besorgt zu werden, er wirkte so schmal und fragil und plötzlich begann er sich selber zu schlagen. Bruno! Bevor ich noch darüber nachdenken konnte, war ich auch bereits auf den Beinen und zog seine Hand am Handgelenk zu mir, ich wollte um jeden Preis verhindern, dass er sich weiter selber verletzte. Ich versuchte dabei wirklich nicht zu viel Kraft anzuwenden, aber trotzdem fest genug zu ziehen, dass er sich kaum wehren konnte, ich war zu besorgt um seine Sicherheit. Bruno, was ist los? Ob das seine Fähigkeit ist?

Ein schmerzerfülltes, unglückliches Geräusch kam aus meiner Kehle, als etwas meine Hand fest und davon abhielt, dass ich sie noch einmal gegen meinen Kopf schlug. Ich versuchte mich loszureißen, aber selbst für meine Verhältnisse war dieser Versuch schwach, gegen Blythes Stärke hatte ich keine Chance. Nein, ich will nicht. Bitte! Aber es half nichts, ich konnte nicht oft genug gegen meinen Schädel schlagen und die Vision übermannte mich. Mein Körper gab nach und die Spannung verließ ihn. Wäre ich nicht festgehalten worden wäre ich auf die Knie gesunken. Meine Augen glühten Grün und sahen direkt in Blythes schwarze Irden, doch ich sah sie nicht, was ich sah waren Gestalten, die vor mir eine Szene formten. Ein Kind stand alleine und weinend zwischen rauchendem Schutt und menschlichen Überresten, über ihm brach ein Pfeiler und krachte auf es herunter. Ich wimmerte, Tränen rannen aus meinen Augen und endlich hörte das Glühen wieder auf und ich schnappte bebend und zitternd in die Realität zurück.

Selber verzog ich unglücklich das Gesicht, als ich das Geräusch hörte, das Bruno von sich gab, aber ich konnte es nicht zulassen, dass er sich selber wehtat, auch wenn er mich anflehte, es tat mir leid, was auch immer gerade mit ihm passierte. Nun wirklich ernsthaft besorgt sah ich mich um, doch niemand schien in der vollkommenen Nähe zu sein, also musste ich da wohl durch. Ich konnte das, ich konnte immerhin auch all diese Missionen, dann würde ich das hier auch überstehen. Schnell allerdings wechselte ich meinen Griff und hielt anstatt seiner Handgelenke nun schnell ihn bei seinen Ellbogen fest, um ihn mehr aufrecht- als festzuhalten. Bruno?, fragte ich erneut nach, während ich ihn noch immer stützte, er hatte immerhin aufgehört sich selber zu schlagen zu versuchen, auch wenn ich mir nicht sicher war, ob das hier besser war.

Ich sah Blythe mit weit aufgerissenen Augen an in denen Terror stand und erkannte sie doch nicht richtig, meine Gedanken waren noch bei dem schrecklichen Bild, welches ich gesehen hatte. Ich kann das nicht zulassen! Pepa... ich brauche Pepa... Pepa! Ich versuchte mich von Blythe zu lösen, aber ich war zu schwach um auch nur auf meinen Füßen zu stehen. Mein Schädel pochte und selbst mein Ruf nach Pepa war leise und trug nicht weit. Ich... ich muss das verhindern. Pepa muss ihr helfen... Ich zitterte und mein Blick wurde verzweifelt. Alles war so verschwommen und ich völlig verwirrt, alles was ich wusste war, dass ein kleines Kind zu Tode kommen und es furchtbar sein würde.

Ich hole sie, versprochen., war es auch bereits aus meinem Mund gekommen, bevor ich noch darüber nachdenken hätte können, ich nahm einfach einmal an, dass Pepa die dritte im Bunde war, die ich heute noch nicht gesehen hatte, immerhin kannte ich nun die Namen der anderen beiden, ich war nicht sonderlich gut darin mir Informationen über die Organisation an sich zu merken, aber deshalb war ich auch freischaffend und kein fester Teil von ihnen, nach den letzten Tagen auch gar nicht so schlecht. Ich zwang Bruno mehr oder weniger dazu sich hinzusetzen, bevor ich seine Ellbogen losließ und dann mit schnellen Schritten durch die Gemeinschaftsräume ging. Pepa! Ich brauche Pepa, hat jemand sie gesehen?

Ich hatte mich eben zu einer kleinen pause an ein Fenster gestellt, von wo aus ich dem Wetter draußen zu sah, welches ich im Moment nicht beeinflusste, als ich jemanden meinen Namen rufen hörte. Ich drehte mich grazil um und ging auf die asiatisch anmutende, große Frau zu, die mich offenbar suchte. Ich stemmte eine Hand in die Hüfte, lächelte leicht und zog eine Augenbraue hoch. Ich bin Pepa, was brauchst du?
Ich versuchte noch einmal schwach mich zu wehren, auch dagegen hingesetzt zu werden, hatte aber natürlich keinerlei Chancen gegen Blythes Stärke und saß so schließlich auf einem der Stühle. Nervös zuckte ich hin und her und klopfte wiederholt auf den Tisch vor mir, doch es war einfach nicht richtig. Dann überkreuzte ich die Finger und hielt die Luft an, doch auch das hatte nicht die erwünschte Wirkung, mein Herz raste immer noch und ich konnte das Bild vor meinen Augen einfach nicht abschütteln. Warum hatte ich die Vision auch nicht aufhalten können? Das war alles meine Schuld. Das arme Kind musste meinetwegen sterben. Hätte ich doch nur nichts gesehen.

Etwas perplex sah ich die dritte im Bunde an, ich hatte mir irgendwie gedacht, dass ich diese roten Haare falsch in Erinnerung gehabt hatte, ihre anderen beiden Geschwister waren doch deutlich dunkler, aber das tat hier kaum etwas zur Sache. Es konnte kaum jeder so aussehen wie meine... Mutter und ich, wie ein Spiegelbild, wenn auch nicht innerlich. Dein Bruder braucht dich, dringend., teilte ich ihr schnell und direkt mit, direkt im Missionsmodus, Er hat davon geredet, dass er dringend etwas verhindern muss, komm mit. Ich sah sie bittend an, sofern das in meiner Macht stand, ich wusste es konnte meistens dank meinem strengen Gesichtsausdruck eher fordernd wirkend, aber gerade hatten wir keine Zeit zu verlieren und das sah sie hoffentlich genauso.

Ich zog ob ihrer Reaktion auf mich eine Augenbraue hoch, ein Windstoß ließ mein Kleid flattern, aber als ich hörte was sie von mir wollte weiteten sich meine Augen und eine dunkle Sturmwolke bildete sich über meinem Kopf, aus der es drohend donnerte. Oh nein. Bring mich zu ihm. Bruno hatte wohl eine Vision gehabt, eine schlechte natürlich, und ich wollte verdammt sein, wenn ich ihm nicht sofort half. Wo ist Julieta? Sie sollte doch bei ihm sein!

Schnell machte ich einen Schritt zurück, als sich eine Gewitterwolke über ihrem Kopf bildete, es schien um sie herum auch beinahe etwas kühler zu werden als zuvor, oder ich bildete es mir nur ein, wer wusste das schon. Etwas abgehakt nickte ich Pepa zu, bevor ich mich auch schon in Bewegung versetzte und mit großen Schritten dorthin zurückkehrte, wo ich Bruno zurückgelassen hatte, er saß immerhin noch, das war schon einmal etwas. Bruno, Pepa ist hier., kündigte ich ihm gleich an, in der Hoffnung, das würde ihn etwas beruhigen, trat dann aber auch gleich einige Schritte zurück, um den beiden Raum zu geben, meine Haltung noch immer kerzengerade, meine Arme hinter meinem Rücken verschränkt.

Als ich Bruno sah, ich war der großen Frau natürlich sofort gefolgt, stürzte ich an ihr vorbei und nahm ihn in die Arme. Oh Brunito, alles okay, ich bin da. Er hatte wohl wirklich eine Vision gehabt, und das auch noch vor jemand Fremden, kein Wunder, dass er zitterte wie Espenlaub und so schwach wirkte. Meine Gewitterwolke donnerte weiterhin und nun setzte auch nich leichter Nieselregen ein.
Ich hob nicht den Kopf als Blythe meine Schwester ankündigte, aber ich klammerte mich sofort an sie, als ich ihre vertrauten Arme um mich fühlte. Pepi! Ich vergrub mein Gesicht an ihrer Schulter, aber ich konnte nicht stillhalten, nicht, während ich wusste, dass ein kleines Kind meinetwegen zu Tode kommen würde. Pepi, es tut mir so leid. Das... das arme Kind... ich konnte es nicht aufhalten. Hätte ich doch nur nichts gesehen.
Ich verzog schmerzhaft das Gesicht, ich hasste es, wenn Bruno sich die Schuld an dem gab was passieren würde. Es war auch meine Schuld, dass er so empfand, ich hatte es ihm genauso eingeredet wie unsere Mutter, auch wenn ich wenigstens wusste, dass es nicht wahr war. Es ist nicht deine Schuld. Was hast du gesehen? Wie können wir helfen?
Ich gab mir redliche Mühe mich zu beruhigen um Pepa zu sagen was passieren würde, aber es fiel mir mehr als nur schwer, ich stammelte furchtbar, als ich es doch schaffte weiter zu sprechen. Bei... bei der Faschingsparade. Einfach schrecklich! Das arme... da war ein Kind Pepi, ganz alleine, alle um es herum waren... Und dann ein Gebäudeteil, es wird einfach auf es... Es wird sterben Pepi!

Das Gespräch war allerdings schwer zu ignorieren, während ich langsam nun erfuhr, was wohl die Fähigkeit von Bruno war, Visionen, ob in der Zukunft oder in der Vergangenheit, vielleicht auch für die Gegenwart, wer wusste das schon. Es erinnerte mich leider an meine Mutter, wie sie immer die Karten gelegt hatte, wie wir früher immer Karten gespielt hatten. Dennoch beschloss ich mich jetzt wieder in das Gespräch einzubauen, indem ich mich direkt an Bruno wandte. Glaubst du das Kind ist noch dort?, fragte ich relativ direkt, ich konnte kaum anders, bevor ich klarstellte, Ich kann es holen. Ich wusste nicht, wie viel Zeit mir blieb, aber ich konnte es zumindest versuchen, wenn es denn nicht schon zu spät war.

Ich drückte meinen Bruder fest an mich und wiegte uns leicht hin und her, im Versuch ihn zu beruhigen. Hermano, hast du bestimmt gesehen, dass das Kind gestorben ist? Das war wichtig, Brunos Veraussichten ließen sich nicht ändern, aber manchmal interpretierte er zu viel in sie hinein, Dinge die noch nicht festgelegt waren, wie hier ob das Kind von dem Gebäudeteil zerquetscht werden würde oder nicht, wenn Bruno nicht gesehen hatte wie das Teil auftraf gab es noch Hoffnung für das Kind.
Ich gab mir große Mühe mich zu erinnern was genau ich gesehen hatte, auch wenn es furchtbar gewesen war. Pepa hatte ganz recht, wenn das Kind nicht sicher starb... Nein, ich hatte nicht gesehen wie es ausging. Ich hätte fast aufgeschluchzt vor Erleichterung, das bedeutete es gab noch Hoffnung. Passend dazu schaltete sich Blythe nun ein und bot sich an das Kind zu holen. Ich konzentrierte mich so sehr ich konnte um einen Punkt zu finden an dem wir uns orientieren konnten, einen Punkt durch den wir wissen konnten wo das Kind war. Mein Kopf schmerzte furchtbar und in meinen Ohren rauschte es, aber ich schaffte es mich zu erinnern. Ich hob den Blick und sah Blythe direkt an, was bei mir ungewöhnlich war, sonst vermied ich es eher anderen in die Augen zu Blicken. Es ist an einer Ecke, in der nähe der Statue an Grand Circus Park. Es bleibt nicht viel Zeit.

Knapp nickte ich, es gab wohl noch Hoffnung und Bruno sah offenbar zumindest die Gegenwart, wahrscheinlich eher die Zukunft, so leicht ließ sich das nie sagen, aber das war etwas, für das ich mich später interessieren konnte, sollte ich jemals die Zeit dazu bekommen. Ich schnappte mir also meine Mütze und meine Maske wieder, ich würde sie vermutlich dringend brauchen, und verschwand ohne auch nur ein weiteres Wort zu sagen. Ich mochte ein Held sein, aber ich war vor allen Dingen ein Soldat.

Es war mindestens eine dreiviertel Stunde vergangen, als ich wiederkehrte, ein kleines, ungefähr achtjähriges Kind auf dem Arm, wir waren beide vollkommen im Rauchschwaden und Ruß überdeckt, es hustete auch ziemlich schlimm, aber wir lebten, beide relativ unversehrt. Ich hatte einige blutende Kratzer, ich hatte mich immer durch Schutt und Asche, aber auch durch einige letzte panische Menschen drängen müssen, aber nichts davon hatte mich auch nur ansatzweise abgehalten. Das Kind war in meinen schwarzen Pullover gepackt, der an ihm mehr wie ein Kleid wirkte, ich trug demnach nur mehr ein Tanktop, es war ziemlich kalt gewesen draußen, aber das war kaum das schlimmste an der Situation.

Ich nickte Blythe dankbar zu, als sie anbot sich um das Kind zu kümmern und atmete selbst erleichtert auf, da es noch Hoffnung zu geben schien. Während wir auf mehr Informationen warteten brachte ich Bruno dazu wenigstens etwas die Augen zu schließen und rief auch Julieta zu uns, die mit dem kochen nun zum Glück auch fertig zu sein schien. Eine dunkle Wolke blieb über meinem Kopf hängen, aber schließlich schaffte ich es auch diese wegzuscheuchen, während ich mir Sonnenschein vorstellte und tief durchatmete. Dann kam Blythe zurück, der Geruch nach Rauch war von weit her riechbar. Ich strich Bruno noch einmal über die Haare und stand dann auf, um Blythe entgegen zu gehen. Du hast es geschafft, ein Glück. Was ist passiert?
Ich war sofort aus der Küche gekommen, als ich Pepa rufen hatte hören und war erschrocken gewesen darüber was sie mir erzählt hatte, doch ich hatte mich ihr sofort angeschlossen um Bruno zu beruhigen, wobei ich ihn auch dazu gebracht hatte etwas zu essen. Es würde leider nicht gegen die Kopfschmerzen der Vision helfen, aber es tat ihm trotzdem gut, das wusste ich. Schließlich kam Blythe zurück und ich gab meinem Bruder noch einen kleinen Kuss auf die Wange, ehe ich ich aufstand und rasch in die Küche eilte um für das Kind eine heiße Schokolade aufzusetzen, die es heilen würde, feste Essen war dafür jetzt noch nicht geeignet. Mit einer Tasse Chocolate y Queso und einer Arepa für Blythe kam ich schließlich zurück und schloss mich Pepa bei Blythe und dem Kind an. Oh meine süßen Pequeños, hier Kleines, trink das, Blythe, gib sie doch mal Pepa, und du isst das hier.
Erleichterung hatte mich durchflutet als Blythe aufgebrochen war, auch wenn ich versuchte meine Hoffnung nicht zu sehr hochkommen zu lassen, denn das brachte nur Pech. Nachdem ich etwas Zucker und Salz über meine Schultern geworfen hatte, erlaubte ich meinen Schwestern mich zu beruhigen, brav aß ich Julietas Essen und schloss für einige Minuten die Augen. Es ging mir auch wirklich besser, als Blythe schließlich zurück kam, das Kind aus meiner Vision in den Armen. Ich hätte am liebsten aufgeschluchzt so froh war ich darüber das zu sehen. Meine Schwestern gingen der großen Frau, die ihren Pullover dem kleinen Mädchen gegeben hatte, entgegen und ich stand auch langsam auf, hielt mich aber im Hintergrund, Kinder fanden mich meistens gruselig und das arme Ding hatte schon so viel durchgemacht, dass es noch einen Schreck nicht verdient hatte. Ich spielte mit meinen Fingern und hatte die Schultern hochgezogen, während ich aus den Schatten beobachtete was geschah.