Ich spielte nun etwas nervös mit meinen Fingern und den Ärmeln meines Weihnachtspullovers, während ich einen Blick zu dem kleinen Mädchen hinüber warf. Aber ich kann das auch nicht, stell dir vor sie trifft die anderen, das würde nicht gut gehen. Logan traue ich das ganze noch am ehesten zu, er ist streng, aber verantwortungsbewusst, Roman vielleicht auch noch, wenn er nicht zu sehr abgelenkt ist, Virgil nur, wenn er einen guten Tag hat und die anderen beiden... Janus würde nie erlauben, dass wir ein Kind aufnehmen und Remus... du weißt wie er ist.

Ich presste die Lippen zusammen. Das alles gefiel mir gar nicht. "Und... Wenn sie zu mir rüber kommt, wenn... Die anderen da sind, also... Virgil keinen guten Tag hat... Und Janus und Remus raus kommen? Ich kann mich nicht die ganze Zeit um sie kümmern, diese Verantwortung ist einfach zu... Zu groß", versuchte, ich es dann anders. Sie komplett bei mir aufzunehmen war einfach viel zu viel. Andererseits... Ich war zwar ein Bösewicht, aber selbst ich konnte sie nicht mehr auf die Straße schicken.

Ich sah Vanir zweifelnd an, sicher, das war eine Möglichkeit, doch wer wusste schon wie es Ally unter so wirren Umständen gehen würde? Und wenn Vanir vielleicht doch nicht da war und Ally bei Remus blieb? Unter normalen Umständen hatte ich wenig gegen einen der anderen einzuwenden, sie lebten alle ihre eigene Leben und ich mischte mich da nicht ein, aber ein Kind... das war eine riesige Sache, selbst wenn es nur für ein paar Tage sein sollte. Und wenn es doch nicht so klappt? Oder du keine Zeit hast? Oder Janus sie auf die Straße setzt, wenn du nicht hinsiehst? Es war ihm zuzutrauen, er war bereit so ziemlich alles zu tun, solange das unser Überleben sicherte. Selbst der Sicherste von uns sechsen, neben mir, Logan, war nicht dafür geeignet sich um ein Kind zu kümmern, er war gar nicht gut mit Emotionen, das wusste ich.

Ich rieb mir seufzend über die Nasenspitze. Das Ganze hier nahm Ausmaße an, die mir langsam auf die Nerven gingen und die Aussicht auf Verantwortung war mir genau genommen bereits jetzt schon zu viel. "Hör mal, es handelt sich um ein paar Wochen. Bis es wieder sicher ist, sie zum Waisenhaus zu bringen. So lange kann ich mit ein Auge auf sie haben", versuchte ich es dann, "zurück schicken können wir sie nicht. Die Menschen da draußen werden sie zu Grunde richten. Sie muss sehen, dass es nicht schlimm ist, seine Fähigkeiten zu zeigen. Und von ihnen Gebrauch zu machen. Da draußen geht sie noch mehr kaputt, als bei uns." Ich konnte selbst nicht wirklich glauben, dass ich Partei dafür ergriff, dass die Kleine in unserer Nähe blieb.

Das weiß ich doch auch! Ich warf die Hände in die Luft und stützte dann seufzend die Ellenbogen auf den Tisch. Aber ein kleines Mädchen ist auch für kurze Zeiteine große Verantwortung und dem sind die anderen nicht gewachsen. Ich ja auch nur so halb, ich mochte Kinder einfach. Natürlich wollte ich Ally nicht auf die Straße schicken, aber ich war um ihre Sicherheit auch bei mir Zuhause besorgt, zudem würde es sie sicher verwirren, wenn die anderen herauskamen.

Leicht senkte ich den Blick. Das war eine verdammt komplizierte Situation. Egal wie viel wir diskutierten, eine bessere Lösung bekamen wir wohl kaum. Andererseits gab es keine andere Lösung und wir konnten sie auch nicht zu dem Waisenhaus bringen. Je länger das alles dauerte, desto anstrengender wurde es und desto mehr wollte ich hier weg.
"Außer dir ist vermutlich keiner von uns, mich eingeschlossen, verantwortungsvoll genug. Etwas Besseres kann ich leider nicht anbieten", stellte ich fest. Denn sie zu hundert Prozent bei mir zu lassen, war genauso verantwortungslos, wie sie bei Remus zu lassen. "Ansonsten kenne ich sonst auch niemand, der uns helfen kann." Und wenn ich ehrlich war, kostete es mich bereits mehr als einen kleinen Sprung über meinen Schatten, auch nur einen Teil der Verantwortung für sie zu übernehmen.

Ich vergrub unglücklich das Gesicht in den Armen und wollte mich am liebsten einfach verstecken, aber das brachte ja nichts. Komm Pat, reiß dich zusammen, setz ein Lächeln auf und alles wird wieder gut, wenigstens bist du dabei nicht alleine. So wie ich es mir selbst sagte tat ich es dann auch. ich hob den Kopf, schob meine Brille zurecht und lächelte Vanir an. Na schön, wir bekommen das schon hin. Lass sie uns gleich Heim bringen, sie braucht wirklich dringend ein Bad.

Auch wenn Patton gerade ein Lächeln an den Tag legte, so wusste ich doch genau, dass er nicht ganz glücklich mit der Situation war, doch mir erging es auch nicht anders. Diese SWAPPER hatten alle Pläne durchkreuzt.
"Klingt nach einer guten Idee. Daneben sollten wir ihr danach noch beibringen, dass sie gleich zu mir kommen soll, wenn ihr irgendwas komisch vor kommt oder etwas ist", schlug ich dann vor, "Ich komme natürlich auch regelmäßig vorbei und werde heute erstmal noch ganz da sein." Vor dieser Verantwortung konnte ich mich leider nicht gänzlich drücken.

Okay, das ist gut, danke. Ich wusste nie wann der nächste Wechsel sein würde, vielleicht war ich Morgen noch an der Macht, vielleicht auch nicht. Ich stand auf und sah mit meinem Lächeln zu Ally hinüber. Ally, Darling, kommst du bitte wieder her?

Als ich von Daddy gerufen wurde, legte ich die Stifte auf die Seite. Meine Hände hatten ein paar Flecken davon, machten aber auch keinen großen Unterschied, da der Rest an mir noch immer ziemlich dreckig war. Das ganze Whiteboard war mit meinen Bildern bemalt. Mit Vögeln an einem Himmel, woe sie frei flogen. Ich wollte auch wieder fliegen, doch ich traute mich nicht mehr, von meiner Fähigkeit überhaupt Gebrauch zu machen.
"Was ist denn, Daddy Patton?", wollte ich von ihm wissen und sah ihn mit großen Augen fragend an.

Seine Worte ließen mich leicht Nicken. Manchmal fragte ich mich, wie Patton und die anderen das aushielten, wenn sie nicht wussten, was der jeweils andere tat und wann der jeweils andere einen selbst ablöste. Wenn ich ehrlich war, würde mich das verrückt machen, aber ich fand es wirklich erstaunlich, wie sie alle damit irgendwie umgingen.
Ally kam auf Pattons Ruf sofort und nannte ihn sogsr Daddy, was mich innerlich Seufzen ließ. Selbst für diese paar Wochen würde es ziemlich... Interessant werden.

Awwwh. Ich konnte nicht anders als zu quietschen, als Ally mich als Daddy bezeichnete, denn mein Herz schmolz dabei einfach. Du hast wunderschön gemalt, du bist eine richtige Künstlerin. Und das meinte ich auch so, aber egal was sie gemalt hätte, ich hätte es vermutlich toll gefunden. Hör mal Kiddo, Vanir und ich haben gerade geredet, was hältst du davon, wenn du erstmal mit zu mir Nachhause kommst, bis wir für dich einen sicheren Ort gefunden haben, huh? Ich habe ein ganz tolles Haus, du kriegst dein eigenes Zimmer und du kannst dich waschen. was hältst du davon? Früher oder später musste ich ihr auch die Sache mit den anderen fünfen erklären, ich wollte das nicht wirklich auf Vanirs Schultern laden, es war doch eine sehr komplizierte Angelegenheit.

Ich kicherte, als Patton quietschte, das war richtig süß und er schien sich zu freuen, ich würde ihn einfach weiter Daddy nennen. Immerhin hatte er ja damit angefangen, indem er sich Dad genannt hatte. Sein Lob über mein Bild ließ mich begeistert lächeln. "Findest du? Das freut mich! Ich kann dir noch viel mehr Bilder malen!", antwortete ich voller Freude und strahlte ihn dann an.
Es hörte sich alles wunderbar an. "Ein eigenes Zimmer? So richtig mit einem Bett und alles drum und dran?", hakte ich begeistert nach, "Das klingt super! Ich bin voll dabei!"

Innerlich würde ich diese herrliche Ruhe vermissen, doch äußerlich ließ ich mir gar nichts anmerken. Wir mussten uns beide um die Kleine kümmern.
Während Patton mit ihr sprach und sich sogar total freute, als sie ihn Daddy nannte, hörte ich mit halbem Ohr zu, begann innerlich bereits, Pläne zu schmieden. Irgendwie musste ich ja an Schweinchen Rosa heran kommen.

Unbedingt, ich will ganz viele Bilder von dir, die können wir alle an den Kühlschrank hängen. Ally stimmte bereitwillig zu mitzukommen, daran würde man auch noch arbeiten müssen, dass sie nicht einfach jedem Fremden vertraute. Sicher, wir wollten ihr bestes, aber von anderen konnte man das nie so sicher behaupten. Genau, ein ganz eigenes Bett. Dann wollen wir gleich gehen, aber am Besten rufen wir ein Taxi und nehmen nicht Vanirs Auto. Ich lächelte den anderen Bösewicht entschuldigend an und rief dann mit meinem Intercom rasch ein Taxi zu einem der Metroaufgänge in der nähe.