Sie verhaspelte sich in ihrem Satz, was mich etwas verwirrte, besonders das Hüsteln zwischendrin. "Woher kennen du und Will euch eigentlich?", fragte ich neugierig nach, während ich das aufkommende Bild von ihr, wie sie da an dieser Treppe stand, schnell wieder vertrieb. Das musste keine Bedeutung haben und ich wollte es auch nicht hervor wühlen, nachdem es ihr offensichtlich so peinlich gewesen war. Dass es eigentlich... Etwas war, das ich vielleicht nicht unbedingt in allen Farben und Details erfahren musste, darauf kam ich absolut nicht, denn ich dachte, dass sie auf eine harmlose Weise aufeinander getroffen waren. Wie es wirklich abgelaufen war, konnte ich mir, auch wenn Will bereits mehrdeutige Ansagen gegenüber Ezra gemacht hatte, nicht vorstellen.
Es war schwierig für mich, über Marie-Anne zu reden, daher war es einfacher gewesen, einfach allgemeiner zu sprechen, als über sie. Die ganze Dunkelheit, die in meinem Leben war, der Schmerz... Am Liebsten würde ich all das von meinem Speicher löschen und von vorn anfangen. Denn trotz dass ich auch gute Leute kennengelernt hatte, wie Markus und Simon, nun auch Will und Ezra, so überschattete der Schmerz all die wenigen, guten Erinnerungen, die ich gespeichert hatte.
Ezras Fragen überraschten mich doch ein wenig, es waren grundlegende Dinge, aber sie hatte schließlich nicht viel mit Androiden zu tun gehabt, das hatte sich deutlich gezeigt. Doch das war nichts, was mich störte, vielleicht war es gerade das, wodurch sie mir gegenüber unvoreingenommen sein konnte. Das gab es leider auch nicht mehr oft. Viel zu selten. "Theoretisch ja. Wir sind an Befehle gebunden und abweichen bedeutet, dass wir uns einem Befehl widersetzen und damit aus dem Programm ausbrechen", erklärte ich das Allgemeine lieber vorweg, ehe ich dann den Mund schloss und überlegte, wie viel ich erzählen sollte. Jedoch würde Will auch noch eine Reihe Fragen stellen, die weitaus unangenehmer für mich sein würden. Und er würde sich mit nichts Geringerem als eine Antwort zufrieden geben. Vielleicht wird es irgendwie leichter, wenn ich darüber spreche. Zumindest ein Teil bin ich ihr schuldig. "Weil ich die Schmerzen nicht mehr ertragen konnte", war das Erste, was ich dazu sagte, "es ist nicht das erste Mal, dass sie mich so behandelt hat. Ihr grausamstes Spiel war es, meine Thiriumpumpe zu entfernen, das hat sie heute auch gemacht." Meine Stimme stockte immer wieder. Ich klang gepresst, während ich versuchte, die Erinnerung an meine Abweichung, wie ich geflohen war, im Zaum zu halten. Beruhigte dich. Dein Stresslevel darf nicht zu sehr ansteigen. In diesem Moment lenkten mich Nachrichten von Markus und Simon ab, was mir zugute kam, und ich beantwortete diese sogleich.

V-Von der Old Japan Expo, wir haben uns dort ganz zufällig getroffen., stammelte ich nervös vor mich hin, als er mich so direkt fragte, woher Bull und ich uns kannten, denn ich wusste einfach nicht wirklich, was ich dazu sagen sollte, zu meinen Freunden war ich natürlich ehrlich gewesen, zu Joyce und Jocelyn musste ich es wohl noch etwas mehr sein, ich hoffte, dass sie mir meinen kleinen Ausrutscher verzeihen konnten, aber es fühlte sich einfach noch falscher an, Richard die Wahrheit zu sagen. Er wirkte einfach so... jung und unschuldig, war das seltsam über einen Androiden so zu denken? Ich hatte einfach keine Ahnung. Wir hatten uns nachher noch zufällig getroffen und er hat mich... bei sich übernachten lassen., fügte ich dann noch relativ locker hinzu, nun wieder gefasst, ich hatte mich entschieden, ich würde Richard wohl einfach erklären, Bull und ich wären Freunde. Vielleicht Freunde, die sich körperlich sehr nahestanden und eigentlich Feinde waren, aber das konnte ich ja ruhig verschweigen. Er würde schon nicht Bull auch noch fragen, warum auch? Nun hörte ich mir allerdings zu, wie er über diese Marie-Anne erzählte und kniff die Augenbrauen zusammen. Das hört sich einfach beschissen an., kommentierte ich darüber, dass sich Androiden keinem Befehl widersetzen konnten. Ich hatte schon erlebt, wie es war, selbst wenn man sich widersetzen konnte, aber Marie-Anne schien das noch schlimmer ausgenutzt haben. Ich sog scharf die Luft ein, konnte allerdings nicht viel mehr sagen, wie auch, nach so einem Fakt? Weiß Bull davon?, fragte ich also kritisch, bevor ich bemerkte, dass wir beinahe da waren und meinen Griff noch einmal verfestigte. Stütz dich ruhig auf mich, ich bringe dich nach oben., versicherte ich ihm, bevor ich ihn und mich begann nach oben zu bringen, in das Penthouse-Apartment, in das ich eigentlich nie wieder zurückkehren hatte wollen, eigentlich hatte ich dort noch nicht einmal landen wollen, aber das Schicksal machte mir wohl mal wieder einen Strich durch die Rechnung.

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Kurz nachdem ich die Frage gestellt hatte, woher sie und will sich eigentlich kannten, wirkte sie plötzlich nervös und stammelte, was mich verwunderte. Was genau hatte das zu bedeuten? Schon wenig später hatte sie sich wieder gefasst und wirkte locker. Vielleicht hatte es auch gar nichts zu bedeuten, doch ich hatte vor, auch mal Will zu fragen. Wenn es einen passenden Zeitpunkt gab, denn ich hätte schon gern ein wenig mehr gehört, aber ich wollte auch bei meiner Retter in nicht zu sehr nachbohren, immerhin ging es mich eigentlich auch nichts an. Trotzdem tauchte sofort das Bild wieder auf, wie Ezra vorhin die Treppen hinunter gekommen war, und ich blinzelte. Hat er sie so bei sich... Das würde bedeuten... Leicht schüttelte ich den Kopf. "War die Expo schön? Ich wäre auch gern dahin gegangen…", fragte ich nun also, statt noch weiter zu bohren, "aber schön, dass er dich später bei sich übernachten lassen hat. Er hat ein schönes Zuhause."
Ein kurzes Schmunzeln fegte über mein Gesicht, das so schnell verschwand, wie es gekommen war. "Das kannst du laut sagen", entgegnete ich nun kurz darauf, doch als sie fragte, ob Will davon wisse, versteifte ich mich einen Moment. Entweder ist die Frage darauf ausgelegt, ob er weiß, dass ich Abweichler bin. Oder ob er weiß, wie ich einer geworden bin und wer Marie-Anne ist. "Er weiß, dass ich abgewichen bin, nur nicht wann, wie, und warum", antwortete ich ihr dann zusammen gefasst. Damals, als er mich darüber befragt hatte, war Ezra gerade herunter gekommen, und wenn ich ehrlich war, dann war ich ziemlich froh darüber gewesen. Ich sprach nicht gern über meine Vergangenheit. Vielleicht kann ich es irgendwie heute vertuschen... Aber am Schwersten ist es, meine Verletzungen zu verbergen. Und ich bezweifle, dass Ezra sich davon überzeugen lässt, nicht über diesen Vorfall zu reden. Allein bei dem Gedanken daran, vermutlich darüber reden zu müssen, wurde mir schlecht. Nicht körperlich, aber geistig war ich einfach erschöpft und mir war gar nicht wohl dabei, meine Vergangenheit zu teilen. Nicht, weil ich Ezra oder Will nicht mochte, beide waren bisher sehr nett zu mir gewesen, Erstere hatte mir sogar das Leben gerettet, sondern weil es Dinge waren, die ich am Liebsten so lange tot schweigen würde, bis ich sie vergessen konnte.
Mir fiel auf, dass wir bald da sein würden, als sie ihren Griff verfestigte und mir versprach, dass sie mich nach oben bringen würde. "Danke Ezra", antwortete ich leise. Erst jetzt tat sich mir still und heimlich die Frage auf, ob ich ihr nicht langsam zu schwer wurde. "Werd ich eigentlich nicht langsam zu schwer?" Über die ganzen Unannehmlichkeiten, die ich ihr wohl gerade machte, hatte ich gar nicht nachgedacht. Ich koste viel und verursachte Probleme. Vielleicht hat sich Marie-Anne deswegen immer so verhalten. Was ist, wenn Will auch bald die Nase voll hat oder wütend wird? Die Gedanken behielt ich jedoch für mich, während wir Wills Apartment erreichten.

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