Orianna wirkte unsicher, sie wirkte so wie ich, das erste Mal als ich Lucy begegnet war, denn ich hatte ihr meine Hand beinahe entrissen, als sie sich mit mir verbunden hatte, Orianna aber im Gegensatz dazu hielt die Verbindung, zumindest bis sie Lucy von selbst löste. Lucy machte einige Schritte zurück und wandte sich dann ab, uns nun den Rücken zugedreht. Ich lehnte mich noch etwas weiter vor und somit an Simon heran, um sie besser sehen zu können. "Du wirst dich fragen müssen, was dein wahres Zuhause ist. Du wirst dich noch zur rechten Zeit entscheiden.", sagte sie, bevor sie sich langsam wieder umdrehte und dann zu mir oder Simon sah, "Doch du bist nicht die einzige, die wichtige Entscheidungen treffen wird müssen." Ich war mir nicht sicher, ob sie es sagte, weil wir Teil der Führungsgruppe von JERICHO waren, oder ob sie einen anderen Grund hatte, der mir entging, aber sie wandte sich nun wieder ganz ab und ich hatte das Gefühl, es waren erst einmal ihre letzten Worte direkt an uns gewesen. Lucy sprach nie ein Wort zu viel, sie sagte immer genau das, was sie zu sagen hatte, nicht mehr.

Ich konnte Orianna nur zu gut verstehen, sie wirkte schwer verunsichert, aber sie war doch mutig genug die Verbindung zu halten, bis Lucy sich von selbst abwandte und noch zwei abschließende Sätze sagte, von denen einer an Markus und mich gewandt zu sein schien. Ich wandte den Blick von ihr ab und linste stattdessen zu Markus' Gesicht neben mir, er sah konzentriert drein und unwillkürlich wurde mein Blick weicher, als ich unseren Anführer so musterte, seine Haut war wirklich sehr detailliert, wie mit Hand geformt und gezeichnet, was durchaus der Wahrheit zu entsprechen schien, er war immerhin ein Unikat, extra von Kamski für Carl abgefertigt, im Gegensatz zu meiner 0815 synthetischen Haut, die keinerlei Unreinheiten oder Einzigartigkeiten aufwies, sondern meine Außenhülle nur in immer der selben Weise einhüllte.

Von Orianna drehte ich mein Gesicht zu Simon, um zu sehen, was er tat, als ich bemerkte, dass er mich gerade ebenfalls ansah. Ich legte meinen Kopf leicht schief und musterte sein Gesicht, das nun keine fünf Zentimeter von meinem mehr entfernt war. Besonders lange blieb mein Blick dabei auf seinen blauen Augen hängen, sie wirkten auf mich wie dieses Kunstwerk von dem verlassenen Baum, das mir Carl gezeigt hatte, "melancholisch" hatte er es genannt. Einige Momente besah ich mir einfach nur genauer sein Gesicht, bevor ich mich wieder ohne ein Wort zu sagen zu Orianna drehte. Komm, gehen wir wieder zu den anderen., forderte ich sie auf, nachdem ich sah, dass sie wohl von den Worten von Lucy sehr berührt worden war und machte mich auf. Ich hielt das Plastik, das den Teil von Lucy von dem Versammlungsplatz trennte, auf, um Simon und Orianna durchzulassen, bevor ich mich noch einmal an Lucy wandte. Danke, Lucy., bedankte ich mich mit einem Nicken und trat dann ebenfalls auf den Versammlungsplatz hinaus.

return Der Versammlungsplatz

Stille kehrte ein und ich überlegte schon ob ich etwas sagen sollte als Markus sich plötzlich mit dem Gesicht u mir drehte und mich ohne ein Wort zu sagen einfach nur anstarrte. Sein Blick war dabei so intensiv und einfangend, dass ich gar nicht wegsehen konnte, auch wenn ich es nicht wirklich wollte. Meine Thiriumpumpe setzte kurz aus und einen Moment fühlten sich meine Knie zu weich an um mich zu tragen, doch dann sah Markus plötzlich weg und setzte sich auch noch in Bewegung fort von mir. Ich blinzelte ein paar Mal und fühlte wie mir das Thirium in die Wangen stieg. Ich wandte den Blick ab, dass Orianna das nicht am Ende sah und folgte Markus schnell nach.
(Der Versammlungsplatz)

Ich bemühte mich darum mir meine Nervosität nicht anmerken zu lassen, als ich hinter Saphir eintrat und den Plastikvorhang hinter mir zufallen ließ. Lucy? Ich habe dir jemanden mitgebracht. Aus dem Schatten trat der beschädigte KL900-Android hervor, ihre Augen waren vollkommen schwarz, ihre dunkle Haut schien sich in Schlieren immer wieder über ihrer weißen Außenhülle zu bilden und dann wieder zu verschwinden. Ihr kompletter Hinterschädel fehlte, dort zu sehen waren nur noch die Kabel, die diesen Teil ihres Körpers am Laufen hielten. Lucy musterte Saphir einen kurzen Moment mit einem Lächeln und hielt ihr dann mit einer langsamen Bewegung die Hand hin. "Nimm meine Hand."

Lucy stellte eine Verbindung zu Spahir her und hielt ihre Hand mit mehr Kraft als man ihr in ihrem Zustand hätte zutrauen wollen. Sie sah ihrer Gegenüber direkt in die Augen, ehe sie mit leiser Stimme zu sprechen begann. "Du hast jemanden getroffen und er hat dein Leben verändert. Es ist kein einfaches Schicksal einzigartig zu sein, aber wohin wird dich diese Einzigartigkeit führen? Du hast eine Chance deine Familie zu finden, oder deinen eigenen Weg zu gehen. Es ergeben sich tiefe Riefen, denn die Oberfläche eines Edelsteins ist rau. Aber wirst du es schaffen deine Härte zu überwinden?" Lucy ließ Saphirs Hand wieder los und trat mit einem ihrer mysteriösen Lächeln und einem Nicken einen Schritt zurück. Lucys Fähigkeit Dinge und vermutliche Zukunftsherausforderungen mit so wenig Interaktion hervorzubringen war beeindruckend, aber war mir wie so oft ein bisschen unheimlich. Ich war ein Stück hinter Saphir stehen geblieben und spürte förmlich wie Lucys Blick einen Moment über mich glitt ehe sie sich umdrehte und sich mit langsamen Schritten wieder zurück zog. Einzigartig sein hat auch einige Nachteile, das ist sicherlich wahr. Immerhin waren wir PL600 einander trotz individuellen Charakteren recht ähnlich gewesen, vom absolut selben Äußeren sowieso abgesehen, man fand so leichter Androiden die eine ähnliche Einstellung wie man selbst hatten, denen man sich automatisch näher fühlte, diesen Vorteil hatten die RK-Androiden natürlich nicht. Ich schwieg eine kleine Weile und trat dann neben Saphir, ein leichtes Lächeln auf den Lippen. Lucy ist unser Medium. Es ist meistens eine gute Idee gut darüber nachzudenken was sie zu einem sagt.