Ich stellte mich vor dem LOFT auf, allerdings mehr seitlich, um nicht zu sehr aufzufallen. Immer wieder blickte ich an mir herunter. Sehe ich zu schmuddelig aus? Oder geht das so? Zahlreiche Gedanken wie diese schossen mir durch den Kopf, während ich unablässig meine vor Nervosität schwitzigen Hände knetete.
Ich freute mich schon sehr, ihn zu treffen. Seit ich ihn das erste Mal gesehen hatte, ging er mir nicht mehr aus dem Kopf. Und es hatte mich unglaublich gefreut, dass er nach einem Treffen gefragt hatte. Ausgerechnet mich! Wo er doch sich mit so viel besseren, anderen Leuten treffen könnte, als mit mir!
Plötzlich machte sich in mir die Angst breit, dass er es sich vielleicht doch noch mal anders überlegt hatte. Immer wieder sah ich auf mein Intercom, ob vielleicht eine kurzfristige Absage kam, doch da war nichts. Angespannt wartete ich, sah mich nach Ant um.

Wie immer einige Minuten vor der Zeit stand ich genau vor den Türen des Restaurants und wartete geduldig auf Gelion. Nachdem der angesetzte Zeitpunkt aber gekommen und verstrichen war, begann ich mich um zusehen und entdeckte dann doch endlich meine Verabredung, fast hinter einer Topfpflanze verborgen. Ich runzelte kurz die Stirn, lächelte dann aber und trat auf ihn zu. Hallo Gelion.

Ich sah auf, als ich seine Stimme hörte. Für einen Moment schienen mir alle Worte entfallen. Als habe jemand mit einem Hammer jedes einzelne Wort, das mir einfallen könnte, zertrümmert und weg geworfen.
Ein dümmliches Grinsen war einen Moment auf meinen Lippen zu sehen. "Ähm... Äh... Hi Ant!", brachte ich heraus, "Ich... Ich freue mich sehr, dich zu sehen!"

Ich nahm mir einen Moment um den jungen Mann in seiner sehr weiblichen Verkleidung, vor mir eingehend zu mustern. Er war so hübsch wie in meiner Erinnerung, wenn ich ihn auch tatsächlich ohne die Verkleidung bevorzugte, da er ja über eine große natürliche Schönheit verfügte, doch das war schließlich seine Entscheidung. Ich freue mich auch dich zu sehen. Wie geht es dir?

Dass er mich ohne die Verkleidung bevorzugte, auch wenn er mich schon ohne gesehen hatte, konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Meine Eltern hatten mir schon deutlich genug gezeigt, dass für den echten Gelion kein Platz in dieser Welt war. Warum sollte es dann irgendwann mal anders sein?
Als er mich fragte, wie es mir ging, dachte ich den Bruchteil einer Sekunde darüber nach, einfach alles raus zu hauen. Dass es aktuell etwas beschissen war. Jedoch entschied ich mich dagegen. Immerhin wollte ich ihn bei unserem Treffen nicht mit meinen Problemen nerven, sondern eher es genießen.
"Mh, ganz okay, schätze ich", antwortete ich und lächelte ihn an, "und dir?" Ganz okay, wenn man davon absieht, dass ich in letzter Zeit kaum was Richtiges gegessen habe und die meiste Zeit auf einem Friedhof verbringe...

Ich sah Gelion nachdenklich an, er wirkte nämlich nicht so wirklich okay, beließ es aber bei einem Nicken und sah zur Tür des Restaurants zurück, ehe ich dann selbst antwortete. Bei mir ist auch alles in Ordnung. Und das war es auch, bis auf die üblichen Probleme, für die mein Vater mir schon eine verpasst hätte dafür sie überhaupt als solche zu bezeichnen. Und dann hätte er gelacht. Mein Vater war nicht eben ein guter Mensch gewesen. Gehen wir hinein? Ich habe uns einen Platz reserviert, nicht, dass sie ihn noch vergeben.

"Das freut mich", gab ich ehrlich zurück, als er meinte, dass bei ihm auch alles in Ordnung sei.
Etwas überrascht sah ich ihn an, als er mir sagte, dass er uns einen Platz reserviert habe. "Wirklich? Wie schön! Dann müssen wir gleich rein gehen!", gab ich sichtlich erfreut zurück. Normalerweise war ich unsichtbar. Von den Momenten mal abgesehen, in denen ich meine Fähigkeit nutzte. Und jetzt gab mir Ant wieder das Gefühl, wichtig zu sein. Es tat gut. Leicht verlegen senkte ich den Blick.

Ich lächelte über Gelions verlegenheit und legte ihm sanft die Hand auf die Schulter um ihn in Richtung Eingang zu drücken, durch welchen wir dann auch traten und am Empfang abgefangen wurden. Ich habe reserviert, auf Belware. "Zwei Personen?" Richtig. "In Ordnung, folgen Sie mir bitte." Die schon etwas ältere Frau ging vor uns her zu einem Zweiertisch mit wunderschöner Aussicht über die ganze Stadt, dank der fast durchgehenden Glasfasade des Restaurants. Ich zog für Gelion einen Stuhl zurück und lächelte ihn auffordernd an. Setz dich.

Er führte mich an meiner Schulter in Richtung Eingang. Wir wurden gleich in Empfang genommen und Ant regelte alles mit der Reservierung, die er gemacht hatte. Wenig später wurden wir zu einem Zweiertisch geführt, der dank der Glasfassade einen guten Ausblick über die Stadt bot. "Wow... dieser Ausblick", brachte ich heraus. Noch nie hatte ich einen so guten Ausblick über die gesamte Stadt gehabt. Lediglich Ants Stimme riss mich aus meinem Staunen wieder heraus. Er hatte mir ein Stuhl zurück gezogen. Ganz wie ein Gentleman. "Ähm danke", meinte ich dann, lächelte ihn an und setzte mich. Ich bin echt baff. Sowas könnte ich mir eigentlich nie und nimmer leisten! Aber das Beste ist, dass ich Zeit mit Ant verbringen darf! Ist das eigentlich ein normales Treffen oder ein Date?

Ich schob Gelion den Stuhl wieder zurecht, als er sich hinsetzte und nahm ihm gegenüber Platz, der Aussicht nach draußen nur kurz Aufmerksamkeit widmend, ehe ich mich wieder voll Gelion zuwandte. Ich hoffe es gefällt dir hier.

"Ob es mir gefällt?!", platzte es aus mir heraus, ich bestaunte noch einmal die Aussicht und dann das schicke Ambiente, "das alles hier ist der Wahnsinn! Der Ausblick über die Stadt ist einmalig! Zudem war ich noch nie in einem so schicken Restaurant. Es ist wundervoll!" Wobei der letzte Punkt einen einfachen Grund hatte. Ich konnte froh sein, wenn ich mir irgendwelchen Dosenfraß leisten und eine halbwegs geschützte Ecke zum Schlafen fand. Plötzlich kam ich mir irgendwie fehl am Platz vor. Nicht schick oder vornehm genug, um mit Ant hier zu sitzen.

Ich auch nicht, aber Freunde haben mir das Restaurant empfohlen, das Essen soll sehr gut sein. Ich ging nicht essen, jedenfalls nicht selbst motiviert. Selbst als Gilbert noch gelebt hatte, hatten wir uns maximal etwas bestellt, aber sonst immer selbst gekocht, denn das war weit aus gesünder. Und preiswerter, auf die Dauer gesehen. Ich schüttelte leicht den Kopf um den Gedanken an meinen Bruder zu vertreiben und sah mich lieber aus dem Augenwinkel um. Immer alles im Blick behalten, damit mich nichts erschrecken konnte. So lautete die Devise.

Ich lächelte leicht, als er erzählte, dass er auch noch nicht hier gewesen sei und Freunde ihm das LOFT empfohlen hätten. Nur, dass er es sich vermutlich leisten könnte, wenn er wollte. Bei mir ging sowas eigentlich nie.
Schnell schüttelte ich den Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben. "Dann haben wir wohl was gemeinsam", erwiderte ich lächelnd, ehe ich überlegte, "weißt du, ob sie hier auch italienische Gerichte haben?"

Ich sah Gelion nachdenklich an. Ich bin mir nicht sicher, aber ich hoffe es, die esse ich auch am liebsten. Ich lächelte und scließlich wurden uns die Karten gebracht, weshalb ich gleich in meine hinein sah. Tatsächlich, es gab hier auch italienische Sachen, was mich ziemlich freute.