Natürlich waren Ihre Aussagen klar, aber ich möchte die Geschichte trotzdem gerne von Ihnen selbst hören. Ich hörte mir die Erzählung an, einen ruhigen und aufmerksamen Ausdruck im Gesicht, dennoch kam mir die Sache mit der Hintertür seltsam vor. Hatte Connor nicht vorhin noch gesagt, dass sie verschlossen gewesen war, als die Kollegen hergerufen worden waren? Ich verstehe. Erinnern Sie sich wohin der Android geflohen ist? Zurück durch die Hintertür oder durch die Vordertür?

"Ich erinnere mich nicht mehr. Es ging alles so schnell. Und dann meine Wunde." Frau Groves biss vor Sorge mit ihren Zähnen auf ihrer Unterlippe herum. Sie rang die Hände. Sie gab nervöse Anzeichen. Frau Groves ist schwer traumatisiert? Frau Groves versteckt etwas? Sie warf oft einen Blick nach links bevor sie Antworten gab. Ein allgemeines - wenn auch nicht ganz konkretes - Zeichen der Unehrlichkeit. Den meisten Sozialstudien zu folge.
Ein Officer kam langsam in den Raum. Es war einer der Älteren. Hinter ihm im Gang hörte man das Klacken von Absätzen. "Entschuldige die Unterbrechung Hank." Er sah zu Frau Groves. "Ihre Frau ist soeben eingetroffen." Dann machte er im Durchgang Platz. Eine große Frau trat an ihm vorbei. Groves, Robin. Geboren: 23.07. // Regierungsmitglied. Vorstrafen: Keine. Sie hatte bronzefarbene Haut und lange schwarze Locken. Ihre Augen waren ein helles braun. Sie trug die Uniform eines Regierungsmitglieds der Management-Abteilung. Grau und Schwarz und Türkis. Mit einem Dreieck nicht unähnlich der Uniform für Androiden bei CyberLife. "Guten Tag die Herren." Nachdem sie direkt an mir vorbei getreten war hatte ich meine LED und meine Androiden-Uniform erkennen müssen. Der Fakt schien sie weniger zu stören. Sie marschierte auf das Sofa zu. "Ly-Ly – Entschuldige ich konnte nicht schneller. Du weißt meine Arbeit ist wichtig."

Es war durchaus möglich, dass sie die Flucht nicht gesehen hatte, Grund für so etwas war meistens ein Schock, dennoch gefiel mir ihre Körperhaltung nicht. Das ist verständlich, danke Miss Groves. Ich sah zur Tür, als einer meiner Kollegen jemanden herein brachte, es war die Frau des Opfers. Ich wartete bis sie sich begrüßt hatten und erhob mich dann. Guten Tag, ich bin Lieutenant Hank Anderson von der CPD. Vielleicht möchten Sie uns etwas über ihren vermissten Androiden erzählen?

Die Frau drehte sich bestimmt zu Hank und hielt ihm ihre Hand hin. Im Gegensatz zu ihrer Frau konnte man ihre Gefühle schwieriger an ihrem Gesicht ablesen. "Robin Groves." Nachdem sie sich vorgestellt hatte nickte sie geschäftig. "Selbstverständlich Lieutenant." "Madeline ist ein ST300-Modell – weiblich – arbeitet in meinem privaten Büro als Heimassistentin und Empfangsdame. Ich habe Maddie aber eigentlich noch nicht als vermisst gemeldet." Ihre Frau verdrehte deutlich die Augen. "Ist doch eh nur ein Stück Plastik." Die beiden hatten deutliche Unterschiede in ihrer Art wie sie über Androiden sprachen. Die Frau runzelte ihre Stirn und stämmte ihre Hände in ihre Hüften. "Ly-Ly – ich werde jetzt nicht noch einmal diese Diskussion mit dir führen."
"Wäre es Recht wenn ich mit den beiden Herren einen Moment allein spreche?" Ihre Frau stand vom Sofa auf und strich ihren Anzug zurecht. Daraufhin verschwand sie auch schon. "Ich mache uns beiden dann einmal einen Tee." Die übrig gebliebene Frau seufzte. Nun weniger das Bild der Kontrolle wie zu vor. "Ich muss Ihnen etwas gestehen Lieutenant. Ich kann ihnen garantieren das mein Android das nicht war."

Ich schüttelte die Hand der eindrucksvollen Frau und beobachtete dann die sich entfaltende Situation. "Noch nicht vermisst gemeldet" konnte eine Menge bedeuten, immerhin hätte Robin Graves ihren Androiden auch für Besorgungen los geschickt haben können und er war stattdessen hierher gekommen, allerdings ließen mich ihre weiteren Worte, als ihre Frau, die nun deutlich gezeigt hatte was sie von Androiden hielt, ich war ja auch nicht besser, aus dem Raum war, aufhorchen. Wie meinen Sie das?

Die Frau verschränkte ihre Arme. Und ent-schränkte sie dann sofort wieder um ihre Schläfen zu massieren. Trotz ihrer nervösen Verhaltensweisen hatte sie kaum Anzeichen von Unehrlichkeit. "Weil ich bei ihr war." Sie seufzte. Ihr menschliches Alter nun deutlicher auf ihrem Gesicht zu sehen. "Ich kann gerne auch eine vollständige Aussage geben. Aber meine Frau… Ich weiß nicht was mit ihr los ist. Zuerst dachte ich vielleicht ist es das Alter. Wir sind doch nicht mehr die Jüngsten…" "Bedeutet das es gibt keine Möglichkeit das sie der Abweichler sein könnte, der Ihre Frau angegriffen hat?" Im Gegensatz zu ihrer Frau schien sie kein Trauma von Androiden zu haben. Ich hielt es für angebracht mich wieder in das Gespräch ein zu bauen.
Sie sah nun wieder zu mir. Ein kurzes Lächeln zeigte sich auf ihrem Gesicht. Dann wurde ihr Blick sofort anders. 'Verbittert' oder 'Enttäuscht'. "Nein. Ich war seit gestern bei ihr. Bitte verzeihen Sie mir. Ich wusste nicht wie ich es vor meiner Frau sagen sollte…" Robin Groves sagt die Wahrheit? "Können Sie sich Gründe vorstellen warum Ihre Frau eine Falschaussage machen würde?"

Robin Groves machte es mir schon sehr viel leichter ihr zu glauben als es ihre Frau getan hatte, zumal sich ihre Aussage sicherlich nachweisen lassen würde. Ich verschränkte locker die Arme vor der Brust und ließ erst einmal Connor sprechen, nachdem er sich jetzt wieder einmischen konnte. Es war möglich, dass Miss Groves durchaus von einem ähnlichen Modell angegriffen wurde wie Madeline eines war, vorausgesetzt sie war ein Modell, welches es häufiger gab. Davon hatte ich wieder keine Ahnung. Ich ließ das gespräch etwas weiter laufen und klinkte mich dann an passender Stelle wieder ein. Wo ist Ihr Android jetzt gerade?

Die Frau wirkte deutlich unzufrieden. Mit großer Wahrscheinlichkeit wegen der Situation in der sie sich gerade befand. Ein Dilemma für einen Menschen. Sie hatten keine Programmierung die von selbst Prioritäten setzte. "Sie war immer Androiden sehr negativ eingestellt. Aber ich glaube nicht… möchte nicht glauben das sie sich so etwas nur ausdenken würde." Ihre Loyalität zu ihrer Frau war für einen Menschen erwartet. "Ich verstehe."
Auf Hanks Frage hin zögerte sie drei Sekunden. Dann räusperte sie sich. "Ich vertraue darauf das Sie diese Information nicht ausnützen. Sie haben schließlich auch einen Androiden. Sie verstehen das… Wir müssen gut auf sie Acht geben." Sie sah zu mir. Und lächelte wieder kurz. Bevor sie sich mit einem direktem Blick an Hank wandte. Sie wirkte beim Aussagen machen deutlich ernster. Aber auch bisher glaubwürdig. "In meinem privaten Büro." Sie runzelte die Stirn. "Ich hatte Angst… Das Maddie etwas passieren könnte."

O/T: Da Connor nicht nachvollziehen kann wie es ist eine Familie zu haben- Hank allerdings schon – werde ich dir das hier sagen: Hank bekommt den Eindruck das Robin sehr "mütterliche" Gefühle für den Androiden (Madeline) hat.

Robin Groves schien ihrem Androiden wirklich sehr zugetan zu sein, ein recht seltenes Bild, besonders in dem Ausmaß, in welchem das hier der Fall sein könnte. Eine Person, die nie Kinder hatte würde das vielleicht nicht sehen, doch ich kannte den Ausdruck, welchen Frau Groves da in ihrem Gesicht hatte, sobald sie von ihrem Androiden sprach. Verdammt. Mein Bauchgefühl sagte mir, dass sie nicht log, dass Madeline wirklich sicher in ihrem Büro verwahrt war und, dass zumindest dieser Android mit unserem Fall hier nichts zu tun hatte. Bei ihrem Blick zu Connor, warf ich diesem auch einen zu. Ich wollte wirklich nicht gerne wahrhaben, was Robin Groves hier implizierte, aber auch nach unserem ruppigen Zusammentreffen vor einigen Tagen hatte ich bei Connor ständig nur im Kopf, dass ich auf den Androiden achten wollte, zumindest so sehr wie auf einen menschlichen Rookie-Partner. Keine Sorge. Wenn nachweisbar ist, dass Madeline zum fraglichen Zeitpunkt nicht hier gewesen sein kann, dann ist sie aus dem Schneider. Ist das Aussehen Ihres Androiden irgendwie modifiziert, wodurch sie von anderen ihrer Art auf den ersten Blick zu unterscheiden ist?

Die Frau überlegte ein paar Sekunden. Dann nickte sie bestimmt. Das Aussehen eines ST300-Modell war in der Datenbank frei verfügbar. Es ist das einer braunhaarigen Frau, die eine dunkelblaue, kurzärmlige Androiden-Uniform trägt. "Maddie hat rote Haare. Das Standard-Modell hat braune." Rote Haare dürften aufgefallen sein. Vorausgesetzt sie waren klar von braun zu unterscheiden. "Und ich habe ihr menschliche Kleidung gekauft. Es ist natürlich nicht legal laut dem Gesetz. Aber diese CyberLife-Uniformen sind schrecklich." Das hätte jeder auf den ersten Blick sofort gesehen. Lydia Groves hätte ohne ihre LED zu sehen nicht wissen können das es ein Android ist? Die Frau runzelte kurz ihre Stirn. Dann sah sie zu mir. "Nichts für ungut Kleiner." Das es nicht für mich relevant war – wenn sie die CyberLife Uniform nicht mochte – behielt ich für mich. Stattdessen scannte ich ihre Person. Körpergröße: 1,81 Meter "Ich bin 2 Zentimeter größer als Sie." Ein kurzes amüsiertes Schnauben war zu hören. Ihre Gesichtsmuskeln für wenige Momente entspannt. "Und du hast wohl auch noch Humor Bürschchen."
Ihr Gesichtsausdruck änderte sich schlagartig als ihre Frau wieder aus der Küche zurück kehrte. Mit einem Tablet mit einem Teeservice darauf. Sofort trat ich einen Schritt zurück und verschränkte meine Hände wieder hinter meinem Rücken. Sie stellte es auf dem kleinen Tisch vor dem weißen Ledersofa ab. Dann drehte sie sich zu uns. Sie schürzte ihre Lippen. "Sind wir nun endlich fertig mit dieser Befragung?"

Bestärken Sie ihn nicht auch noch. Ich verdrehte die Augen, wenn auch nicht ohne einen gewissen amüsierten Glanz in den Augen. Rote Haare, Menschenkleidung, das reichte mir als Beschreibung, das würde sich genug von ihrem Ursprungsmodell abheben, mehr musst ich nicht wissen. Ich nickte zufrieden und traf dann die nächste Entscheidung, es war Zeit für eine Konfrontation. Passend dazu kam nun auch unser Opfer mit dem Tee zurück. Noch nicht ganz, Miss Groves, beschreiben Sie den Androiden Ihrer Frau. Ich sah die zweite Frau in Raum mit festem, prüfenden Blick an, ließ mir mein Misstrauen aber natürlich nicht anmerken.

Die Frau schürzte erneut die Lippen. Dann nahm sie zuerst einmal einen Schluck Tee. Ihre Körpersprache und ihre Mimik drückten ihre Unzufriedenheit deutlich aus. "Was gibt es den schon viel zu sagen?" Sie gestikulierte viel mit ihren Händen. Als wolle sie ein störendes Insekt verscheuchen. "Es ist ein ST300. Wir hatten es damals statt mit braunen mit roten Haaren bestellt. Darauf hast du schließlich bestanden." Sie sah zu ihrer Frau. Aber ihre Frau reagierte nicht auf die stichelnde Aussage. Sie hielt ihre Arme vor sich verschränkt. Ihr Blick wanderte zwischen Hank und der Frau hin und her. Ihre Beziehung erschien komplex. Aber sie wollte als Mensch mit großer Wahrscheinlichkeit trotzdem an die Unschuld der Frau glauben. "Ansonsten sieht es aus wie jeder andere Android auch. LED, abgestumpfter Blick, Uniform…"
Uniform. Lydia Groves lügt. Ihre jetzige Aussage mit ihrer vorherigen ließen keinen anderen Schluss zu. Die Wahrscheinlichkeit das sie ein anderes ST300 Modell mit roten Haaren angegriffen hatte ging gegen Null. Es war praktisch unmöglich. Ihre Frau hatte begonnen auf ihrer Unterlippe zu kauen. Der Blick in ihren Augen deutete mit großer Wahrscheinlichkeit auf 'Trauer' hin. Die Frau bemerkte nichts davon. "Sind wir jetzt fertig?"

Gut, das bestätigte nun den Verdacht, das Motiv mussten wir natürlich noch herausfinden, doch so wie es nun stand war das genug Beweis um Miss Groves legal mit aufs Revier zu nehmen. Miss Groves, Ihre Lügen haben keinen Sinn. Ich muss Sie bitten uns aufs Revier zu begleiten, damit wir dort den Fall besser beleuchten können. Ich wollte keine Handschellen verwenden, das fand ich für den Moment doch zu übertrieben, doch ich deutete ohne viel Emotionen außer etwas Resignation, auf die Tür nach draußen. Komm schon, wehr dich nicht.

Hank hatte ihren klaren Fehler selbstverständlich ebenfalls bemerkt. Das Gesicht der Frau verzog sich. Ihre Wut zeigte sich nun offen. Sie stellte ihre Teetasse ab. Das Geräusch war laut aber sie zersprang nicht. "Ich hätte wissen müssen das jemand wie Sie mir nicht helfen würde." Ihr noch auf Hank fixierter Blick wechselte zu mir. "Jemand, der eines dieser Dinger herum führt." Einige Sekunden stand sie regungslos da. Sie schien zu überlegen. Oder über die Situation nachzu denken in die sie gekommen war.
Dann drehte sie sich auf dem Absatz um und rannte mit durchschnittlich hoher Agilität die Treppe nach oben. "Ly-Ly!" Ihre Frau entsetzte sich deutlich. Trotzdem war sie deutlich langsamer als ich. Die Officer standen um das ganze Haus verteilt. Verfolge Lydia Groves. Kaum hatte sich die Aufgabe aktualisiert setzten sich meine Gliedmaßen auch schon in Bewegung. Ich hechtete die Treppe nach oben. Oben angekommen sah ich eine Tür die zu schlug. Vermutlich ein Schlafzimmer. Ein Schlüssel wurde umgedreht. Ich klopfte an die Tür. Trat dann wieder einige Schritte zurück. "Es wäre ratsam die Tür zu öffnen. Sie machen es nur schwieriger für sich selbst."

Natürlich. Ich sah genervt drein und machte mich rasch daran Connor zu folgen, der natürlich weitaus schneller als ich die Treppe hinauf rannte. Bleiben Sie beiden Kollegen. Mehr konnte ich Robin Groves nun auch nicht sagen, denn ich hetzte hinter meinem Partner her die Treppe hoch und blieb neben ihm vor der Tür stehen, in die sich Miss Groves offenbar geflüchtet hatte. Kommen Sie raus, dieser Mist bringt nichts.