Während Blythe weiter erkundete setzte ich mich mit dem Rücken an die nächste Wand gepresst hin und sah mich ab und an um, während ich mit meinen Händen spielte. Ich war ruhiger, das bedeutete aber nicht, dass ich mir nicht schon Sorgen um den Weg zurück machte, so kurz er auch war.

An manchen Stellen knackste das Gebäude, aber das war nun bei älteren Gebäuden, vor allem in diesem Gebiet, wirklich nichts ungewöhnliches, weshalb ich mir darüber erst einmal keine Gedanken machte, während ich ins Ralphs Nähe den Rest erkundete. Ich glaube, das war mal eine Vitrine für Pflanzen., erklärte ich ihm und deutete auf die Überreste der Glasvitrine, während ich noch ein paar Schritte weiter nach vorne wagte. Die Decke knarzte laut, aber noch fiel nur leichter Staub von ihr herab.

Pflanzen? Ich sah wieder zu Blythe und versuchte die Scherben am Boden genauer zu betrachten ohne mich in die entsprechende Richtung zu bewegen. Es klappte nicht besonders gut, aber ich wusste, dass manche Leute noch Pflanzen in solchen Vitrinen hielten, sie waren aber teuer, denn die Atmosphäre in der Kolonie war nicht mehr wirklich für sowas geeignet, das war nur noch in den Gärten möglich, unter intensiver und teurer Pflege der Gartenandroiden.

Ja, es scheint eine von diesen Vitrinen mit einem künstlichen Ambiente zu sein, ich schaue mal genauer nach., meinte ich, denn ich fragte mich, ob Teile davon noch funktionsfähig waren, vielleicht war ja auch tatsächlich etwas dabei, was Ralph haben wollte. Ich hatte auch gehört, dass dieses Gebiet nicht immer "verloren" gewesen war, aber das schien mir wirklich schon Ewigkeiten her und wer wusste, ob das überhaupt wahr war. Ich bewegte mich also in Richtung der halb-zersprungenen Glasvitrine, über den unebenen Hintergrund hinweg, das Knarzen über mir, noch nicht wirklich bemerkend.

Blythe bewegte sich von mir weg, was mich wiederrum nervös machte, auch wenn ich natürlich gerne wüsste was es mit dieser Vitrine auf sich hatte. Ich stand langsam wieder an und wanderte vorsichtig in Richtung Blythe, ich wollte allerdings eigentlich nicht so weit in dieses Haus hinein gehen.

Gerade als ich mich nach unten bücken wollte, um eine Montur unter der Glasvitrine, welche vermutlich einmal für irgendetwas Technisches zuständig gewesen war, anzusehen, ertönte ein lautes, unheilvolles Knacken. In dem Moment als ich meinen Kopf nach oben riss, sah ich auch schon dem Balken, der sich mitsamt einem Teil der Decke von dem Plafond gelöst hatte, direkt auf mich zukommen. Scheiße., fluchte ich und hatte lang keine Zeit mehr dem Balken, der auf mich zusauste, auszuweichen. Ich riss natürlich sofort auch meine Hände nach oben, um ihn abzufangen, aber in dem Moment als er mit meinem Körper kollidierte, bemerkte ich, wie verdammt schwer so ein Teil eigentlich war und das ich alleine wirklich keine Chance hatte das zu halten.

Wie erstarrt beobachtete ich wie die Decke über Blythe einbrach und ein Balken auf sie stürzte. Blythe! Endlich bewegte sich mein Körper und ich rannte zu meiner einzigen Freundin hinüber. Zum Glück hatte sie den Balken abfangen können, sonst wäre jede Hilfe zu spät gekommen. Blythe war stark für einen Menschen, aber es gehörte eben nicht auch noch zu ihren Metafähigkeiten die normale maximal Stärke eines Menschens zu überflügeln. Im Gegensatz zu mir. Gartenandroiden waren einer der am kräftigsten gebauten Androidenarten, zwar nicht so stark wie die Hafenarbeiter, doch wir mussten fähig sein etwa Baumstämme und dergleichen zu bewegen und zu tragen. Ich stemmte mich zu Blythe unter den Balken und drückte ihn mit aller Macht nach oben, weg von der Metafrau.

Auch wenn ich den Balken vom schlimmsten Sturz abgefangen hatte, so spürte ich dennoch, wie meine Gelenke unter der schweren Last nachgaben, meine Knie einknickten und es nur mehr eine Sache von wenigen Sekunden war, bis ich unter dem Dachbalken begraben werden würde. Doch zu meinem Erstaunen, wurde er Balken plötzlich... leichter? Ralph stand plötzlich an meiner Seite und stemmte den Balken nach oben. Ich konnte nicht anders, als ihn einen Moment regungslos zu betrachten, denn ich wusste, dass er ein Android war und diese generell stärker waren als Menschen, doch gleichzeitig hatte ich es noch nie wirklich so sehr zu spüren bekommen wie jetzt. Es war überraschend, erleichternd und faszinierend zugleich und es hielt mir schön einen Spiegel vor die Augen, dass ich nicht immer die sein konnte, die andere beschützte. Im nächsten Moment machte ich auch schon einen Satz nach hinten, damit ich unter dem Balken wegkam.

Blythe reagierte zum Glück rasch und brachte sich in Sicherheit. Mit ihr aus der Gefahrenzone konnte ich mir nun überlegen wie ich selbst den Balken los wurde. Schließlich entschied ich mich dazu ihn zur Seite zu werfen und zu Blythe zu sprinten. Es gab einen lauten Knall hinter mir, als ich bei meiner Freundin ankam. Staubig, mit aufgeschürften Händen, aber sonst unversehrt, ich konnte so etwas wie Überanstrengung von Muskeln nicht spüren. Nun ging es hier aber um Blythe, die mit ihrem menschlichen Körper viel gefährdeter als ich war. Ist Blythe okay? Meine LED blinkte rot, das hatte sie getan seit der Balken auf Blythe gestürzt war.

Egal wie ruhig und gesammelt ich im Angesicht der Gefahr manchmal wirken mochte, wenn es um mich selber ging, war ich so etwas einfach nicht gewöhnt. Der Schock saß mir noch tief in den Knochen, während ich meinen Blick besorgt über Ralph gleiten ließ. Sorry, ich- mir geht es gut, ich war nur überrascht., begann ich und schüttelte dann den Kopf, bevor ich einen leicht schwankenden Schritt auf ihn zumachte und ihn vorsichtig in meine Arme nahm, sofern er es zuließ, Geht es dir gut? Du hast mich gerettet, Ralph.

Ich streckte die Hände nach Blythe aus, in Furcht, sie würde am Ende vielleicht umkippen, doch sie schaffte es zu mir und umarmte mich, woraufhin ich natürlich sofort meine Arme um die Menschenfrau schlang. An meinen Händen schlossen sich schon die Risse, doch sie zitterten heftig. Natürlich geht es Ralph gut. Blythe... Blythe wäre fast... Oh rA9, ich dachte... Ich nutzte, ohne es zu merken, diesesmal nicht die Dritte Person um von mir zu sprechen.

Man konnte wohl mit Fug und Recht behaupten, dass wir uns heute einen ganz schönen Schock eingefangen hatten, der auch nicht so leicht zu verdauen war. Nur dass ich tatsächlich einmal am anderen Ende war, was das ganze etwas seltsam für mich machte, denn ich war es meistens gewohnt die Stärkste zu sein oder eben die Beschützerin, aber ich hatte eben auch nie wirklich bedacht, dass Ralph als Android das eigentlich genauso gut konnte, wenn nicht sogar besser. Es tut mir leid, ich war unvorsichtig, ich wollte dich nicht erschrecken., entschuldigte ich mich leise, während ich erst im Nachhinein realisierte, dass das wieder einer der wenigen Momente war, indem Ralph tatsächlich "ich" sagte, was tatsächlich etwas von meinem Schock abklingen ließ und ich spürte, wie ich ganz kurz lächeln musste.

Nein, nein, es ist nicht Blythes schuld, das Gebäude ist schuld, es ist eingestürzt. Ich lehnte mich etwas zurück und scante Blythe nach Verletzungen, doch es schien nichts allzu schlimmes zu sein.

Ich weiß, ich weiß, ich war nicht schnell genug und ich dachte ich könnte den Balken besser halten., stammelte ich relativ schnell heraus, meine Augenbrauen noch immer verwirrt zusammengezogen von alldem, was in den letzten paar Minuten so schnell passiert war, Du hast mir mein Leben gerettet, Ralph.

Der Balken war sehr schwer und Blythe ist trotzdem ein Mensch. Ich versuchte Blythe zu beruhigen, aber das war nun leider so gar nicht meins, viel eher verfiel ich ja meistens in Panik. Bei Blythes folgenden Worten sah ich sie einige Seklunden verwirrt blinzelnd an. Ralph hat... Ja natürlich hat Ralph das. Ralph will Blythe beschützen.