Aufmerksam hörte ich zu. Das klang fast nach einem Meer voller Möglichkeiten, die mir offen standen. Tief atmete ich durch und seufzte leise.
"Ich hab irgendwie immer noch das Gefühl, dass das alles hier ein Traum ist. Und ich bald wieder im Lost District aufwache", gab ich ehrlich zu. Es schienen so viele Möglichkeiten offen zu sein. "Ich war schon einmal an diesem Punkt, an dem alles gut zu werden schien. An dem ein Meer aus Möglichkeiten vor mir lag. Ich hatte mal einen Plattenvertrag. Das hatte mich selbst ganz geflasht. Doch plötzlich war alles ausgeträumt. Ich will dir nichts unterstellen, aber... Ich hab immer diese Angst, wieder in der Gosse zu landen wie damals."
Nun brannten mir schin wieder Tränen in den Augen. Ich hoffte nur, sie war mir nicht böse, dass ich Angst davor hatte, wieder auf der Straße zu landen. "Noch einmal geht es nicht... Ich meine... Als du in den Lost District kamst, hatte ich mich damit abgefunden, nur ein namenlose Schatten zu sein. Ich wollte aufgeben." Die Worte sprudelten aus mir heraus wie Wasser aus einer kleinen Quelle in den Bergen.

Ich hörte schweigend zu. das verstehe ich...du brauchst eine Weile. Deswegen steht meine Wohnung, jeder Raum des Hauses und die Umgebung dir frei. Du kannst Nachts zu mir, in meine Wohnung, wenn du wieder Angst hast. meinte ich sanft. Spielst du so gut? Ich habe jemanden, der auch spielt meinte ich und lächelte zart. Du brauchst hier keine Angst haben sagte ich erneut und beobachtete sie. Ich hatte das Gefühl...bei ihr musste ich besonders aufpassen und Zeit investieren. Das war wundervoll.

Sie schien es wirklich gut zu meinen und versicherte, dass mir jeder Raum zur Verfügung stand und ich auch Nachts kommen könne, wenn ich mal Angst hatte oder so. Zum ersten Mal seit langem hatte ich das Gefühl, nicht mehr so... Allein zu sein. Es war seltsam. Ungewohnt. Aber es war gleichzeitig eine Gewissheit, die mir unglaublich half. "Das merke ich mir, danke. Und wenn etwas ist, werde ich darauf zurück kommen", antwortete ich dann.
"Spielt dieser Jemand auch Gitarre?", fragte ich interessiert nach, "anscheinend nicht... Der Vertrag war nur dazu da, um Mo h auszunutzen, meine Musik zu klauen und mich wieder weg zu werfen... Aber wenn du magst, kann ich mal einen Song vorspielen." Sogar dieser Betrug vor einem Jahr tat noch weh. Allerdings hatte ich mir nie wirklich die Zeit genommen, das zu verarbeiten. Ich hatte das alles geschluckt und einfach versucht, damit zu leben.
Leicht nickte ich, als sie versicherte, dass ich hier keine Angst zu haben brauche. Es würde zwar noch Zeit brauchen, bis auch mein Verstand das begriffen hatte, aber mein Herz glaubte, dass es richtig war. Während sie mich beobachtete, senkte ich leicht meinen Blick.

Ich überlegte ja etwas und sehr gerne meinte ich begeistert und schmunzelte wenn sie deine Musik wollten, bist du gut. So jemanden brauchst du nicht meinte ich überzeugt. Ich wollte wirklich einen Song hören. Ich legte einen Finger unter ihr Kinn und hob es senke nie den Blick. Du hast keinen Grund meinte ich sanft.

Ihre Worte machten mich verlegen und als sie dann mein Kinn anhob und mir sagte, ich solle nie den Blick senken und dass ich keinen Grund dazu habe, sah ich doch etwas überrascht aus. Es war das erste Mal, dass mir das jemand sagte. Und es fühlte sich gut an.
"Das ist das erste Mal, dass mir jemand das sagt. Danke", meinte ich ehrlich. Dann aber beugte ich mich zur Seite, um nach meiner Gitarre zu greifen und diese auszupacken. Kurz überlegte ich, ehe ich den ersten Song, den ich überhaupt gespielt hatte, mir vornahm. Nach kurzem Stimmen begann ich, das Intro eines Songs abzustimmen und schloss die Augen. Schon wenige Sekunden später war ich so vertieft, dass man meinen konnte, ich durchlebte diesen Song wieder beim eigenen Leib:

"Über den Dächern, ist es so kalt, und so still
Ich schweig deinen Namen, weil du ihn jetzt nicht hören willst
Der Abgrund der Stadt verschlingt jede Träne die fällt.
Da unten ist nichts mehr, was dich hier oben noch hält.

Ich schrei' in die Nacht für dich, lass mich nicht im Stich
Spring nicht, die lichter fangen dich nicht, sie betrügen dich
Spring nicht,
erinner' dich an dich und mich
Die Welt da unten zählt nicht,
bitte spring nicht

In deinen Augen, scheint alles sinnlos und leer
Der Schnee fällt einsam,
du spürst ihn schon lange nicht mehr
Irgendwo da draußen, bist du verloren gegangen
du träumst von dem Ende, um nochmal von vorn anzufangen

Ich schrei' in die Nacht für dich, lass mich nicht im Stich
Spring nicht, die Lichter fangen dich nicht, sie betrügen dich
Spring nicht,
erinner' dich, an dich und mich
Die Welt da unten zählt nicht,
Bitte spring nicht [...]"

Ich schloss die Augen, als sie anfing zu spielen. Es klang gut. Etwas traurig...aber für mich verständlich. Als sie geendet hatte klatschte ich kurz es war wirklich schön Era.. meinte ich whrlich und lächelte. Es war unglaublich schön gewesen. Era war besonders. So wie alle Meta doch...irgendwas an ihr war anders. Vielleicht weil sie so anders aussah? Aber eigentlich nicht. Ich würde es irgendwann schon wissen

Ich konnte nicht verhindern, dass während des Spielens tatsächlich vereinzelt Tränen über meine Wangen liefen. Als sie dann kurz klatschte und mich lobte, öffnete ich meine Augen wieder, rieb mir leicht über den Nacken. Es war lange her, seit ich gespielt hatte, ohne dass es davon ab hing, ob ich den morgigen Tag erleben würde.
"Ich hatte versucht, sie davon abzuhalten. Ich griff nach ihr, Mama war doch direkt vor mir... Und doch konnte ich sie nicht erreichen. Und dann... War es vorbei", brachte ich heraus. Gerade kam einfach alles hoch, was ich lange verdrängt hatte. Ich brauchte Zeit, um anzukommen, doch gleichzeitig löste sich meine Mauer, die ich um mich gebaut hatte, auf, als reiße man sie mit einer Abrissbirne nieder.

Ich schwieg und legte einfach beide Arme um Era. Ich sagte nichts dazu sondern strich ihr übers Haar. Ich würde ihr weiter zuhören.

Ich schnappte nach Luft und es dauerte, bis ich wieder ein wenig ruhiger wurde. "Wäre ich geblieben, dann wüsste die Regierung längst, was ich bin... Bis auf ein paar Monate hab ich seit dem auf der Straße gelebt", brachte ich dann heraus. Es half mir tatsächlich, ein bisschen was raus zu lassen, und dass sie einfach da war und mir über die bunten Haare strich. Nur langsam wurde ich wieder ruhiger.

Auch weiterhin hörte ich zu und hörte nicht auf ihr über die Haare zu streichen. Ich fand die Farben schön. So spielte ich kurz mit einer Strähne. ich weiss...aber jetzt bist du vor der Regierung sicher...hier wird dir nie wieder soetwas passieren flüsterte ich sanft und lächelte, als sie ruhiger wurde. du wirst nie wieder auf der Straße leben versprach ich ihr und strich ihr über die Wange. Ich hörte draußen das Gekicher und Gelache. Es wurde bald Zeit fürs Essen. willst du dein Zimmer sehen? fragte ich um sie etwas abzulenken. Es musste raus, jedoch sollte ihre Ankunft nicht nur aus Tränen bestehen.

Es gab mir tatsächlich Sicherheit, was sie mir versprach. Mein Kopf wollte das alles abstreiten und ihr nicht glauben, doch mein Herz wusste einfach, dass sie nur die Wahrheit sagte.
Ihr Themenwechsel kam wie gerufen. "Zimmer? Ich krieg ein eigenes Zimmer, ganz für mich allein?", meinte ich begeistert, "Gerne möchte ich es sehen!" Ich fuhr mir über die Augen, um auch den Rest meiner Tränen fort zu wischen, die noch in meinen Augenwinkeln hingen.

Ich lachte Ja. Wenn du später mit einem der Kinder in einem zweier Zimmer zusammen ziehen meinte ich und erhob mich. Ich hielt ihr die Hand hin und grinste sie am.

Ich nickte verstehend und erhob mich dann ebenfalls. Bevor ich jedoch bereit war, ihr zu folgen, verstaute ich meine Gitarre wieder mit geübten und schnellen Griffen in meiner Tasche. "Ich bin gespannt", meinte ich dann und lächelte sie an, als ich bereit war. Dabei schulterte ich meine verpackte Gitarre wieder.

Ich lächelte nur. Dann trat ich wieder hinaus in den Essenssaal. Dieser war leer, die Kinder kamen nur zum Essen oder zum Übergang in andere Räume her. Ich lief hinaus, in den Flur zur Haustür und in die entgegengesetzte Richtung des Saals. Es kamen Türen zum Vorschein. Alle Individuell, einige Vollgemalt, andere voller Bilder oder Poster. Vor einem Zimmer ohne Verziehrung blieb ich stehen. noch ist nur ein Bett, ein Schreibtisch und ein Schrank darin. Doch das ändern wir morgen meinte ich und öffnete die Tür. Es wirkte sehr unbewohnt. Ein nicht bezogenes Bett, aber helle Gardinen. Die Duschen und Toiletten sind am Ende des Ganges meinte ich noch und ließ sie hinein. Das Zimmer konnte sie Gestalten, wie sie es wollte.

Schon ein wenig aufgeregt folgte ich ihr hinaus in den Essenssaal und dann den Flur zur Haustür entlang. Aufmerksam und neugierig betrachtete ich die Türen, die alle individuell waren. Das war wundervoll. Etwas Vergleichbares hatte ich nie gesehen. Eine Tür war unverziehrt, vor dieser blieb sie stehen und sagte mir, was sich darin befand. Es war okay, denn immerhin war mehr drin als ich bisher besessen hatte. Ein Bett wäre schon mehr als genug gewesen. Das Zimmer wirkte unbewohnt, als sie die Tür öffnete. Langsam trat ich ein und stellte meine Gitarre ab. Das hier war mehr, als ich erwartet hatte. Es war... meins. "Und das... wird alles meins sein? Ich hatte schon lange kein Bett mehr", meinte ich dann ehrlich und strich leicht über das Bett. Es war schon jetzt so schön weich. Die Information über die Toiletten und Duschen nahm ich mit einem Nicken entgegen und nahm mir auch vor, mir diese zu merken. Es freute mich alleine schon ungemein, ein Dach über dem Kopf zu haben und ein Zimmer bewohnen zu dürfen.