blessing in disguise » Das RPG: Kolonie Solomnia » Das Zentrum » Colonial Police Department

Nun platzte mir endgültig der Kragen mit einem genervten einatmen stand ich auf und packte Connor kurzerhand am Kragen. Ich schwenkte uns mit Übung herum und presste ihn gegen die Glaswand, die meinen Schreibtisch vom Durchgang daneben abschnitt. Ich kam dem Androiden mit meinem Gesicht gefährlich nahe, so dass unsere Nasenspitzen beinahe aneinander stießen und starrte ihm wütend in die rehbraunen Augen. Pass auf Arschloch. Wenn es nach mir ginge, würde ich euch alle auf den Müll werfen und ein Feuer machen. Also nerv mich bloß nicht... Ich machte eine bedeutungsschwangere Pause, ehe ich meinen Satz wütend zu ende zischte. ...oder ich vergess mich noch. Zu wohl unser aller Glück tauchte aber in diesem Moment einer der jungen Kollegen auf und sprach mich an. "Öhm... Lieutenant... äh... es tut mir leid, wenn ich störe, aber der Android, den sie heute verhaftet haben ist jetzt zum Verhör bereit." Ich ließ Connor nun los und löste meine verkrampften Fingern um seinen Kragen, trat aber noch keinen Schritt zurück, sondern starrte den Androiden vor mir mit angefressenem Blick an. Komme gleich. Dann erst trat ich zurück, drehte mich um und ging in Richtung des Verhörraumes.

Rot. Meine LED strahlte in einem hellen rot und drehte sich einige Male als der Lieutenant mich plötzlich am Kragen packte und gegen die nächste Wand drückte. Ich konnte keinen Schmerz spüren. Und meine Programmierung verbot es mir mich zu wehren. Auch die Drohung prallte an mir ab. Meine LED drehte sich wieder auf blau. Stumm wartete ich ab und starrte ihn an. Es meldete sich allerdings eine andere Stimme zu Wort. Ich hörte was sie sagte aber ich ließ meinen Blick auf dem Lieutenant. Dieser starrte mich ebenfalls weiter an. Er stellte mich allerdings wieder auf den Boden. Ich bewegte mich trotzdem vorerst nicht.
Erst als er sich umdrehte sah ich an mir herab. Dann richtete ich meine Uniform. Sie war ein kleines Stück verrutscht. Software-Instabilität. Etwas verloren stand ich da. Da war schon wieder diese Meldung. Mein Blick folgte nun wieder dem Lieutenant. Ich versetzte mich in Bewegung und schlug den Weg zum Verhörraum ein. Mein Verhältnis zu dem Lieutenant schien weiterhin angespannt. Ich wusste einfach nicht was ich falsch machte. Dabei berechnete mein Sozialmodul doch immer die besten Möglichkeiten. Ich dachte ich hatte mich richtig entschieden. Und der Lieutenant war laut Aussagen ein großartiger Polizist. Amanda würde nicht begeistert sein. Wenigstens war ich noch nicht beschädigt worden.

Auch wenn ich nicht viel Lust darauf hatte, betrat ich den Verhörraum, in welchem der Android saß, den wir festgenommen hatten. Er war mit Handschellen an den Tisch gefesselt und seine LED schien ständig auf Gelb zu sehen. Jetzt erst sah ich zum ersten Mal die Beschädigungen, die auf dem Androiden zu finden waren. Seine Arme schienen sich nicht mehr völlig in die syntetische Haut hüllen zu können, man konnte unter der Plastikhülle teils ein leichtes Blitzen sehen, wo die Kabel scheinbar nicht mehr miteinander verbunden waren. Er sah stoisch auf die Tischplatte und rührte sich nicht. Warum musste er sterben? Ich versuchte zunächst einen neutralen, fast schon leichten Ton anzuschlagen. Was ist vor dem Messerangriff passiert? Hm? Ich sah zum Spiegel, auf dessen anderen Seite aus das Verhör aufgenommen wurde und wo ich wusste, dass noch mindestens zwei weitere Kollegen standen. Der Android reagierte immer noch nicht und ich kam mir langsam verarscht vor. Ich verhörte hier nicht ernsthaft eine Maschine, oder? Das war doch lächerlich. Wie lange warst du da oben? Ich zog einen Mundwinkel hoch, genervt-amüsiert über die ganze Situation hier. Warum bist du nicht einfach weg gerannt? Nichts. Absolut keine Reaktion, kaum eine Bewegung. Ich schnippte vor dem Gesicht des dunkelhäutigen Androidens, doch auch das schien ihn kalt zu lassen. Ich warf kurz einen genervten und ungläubigen Blick zum Spiegel, warum musste ich das hier eigentlich machen, und schlug dann beide Hände gleichzeitig auf die Tischplatte, dass es krachte. Sag endlich was, gottverdammt! Immer noch nichts. In Ordnung, jetzt reichte es mir mit diesem Scheiß. Ich schüttelte den Kopf und erhob mich. Scheiß drauf, ich bin raus... Das war doch jetzt wirklich zu viel verlangt, ich wollte diesen Mist nicht machen, da stieg mir die Galle hoch. Ich brauchte jetzt erst einmal einen Drink. Statt mir aber so einen zu holen, verließ ich den Verhörraum und kam im Raum daneben durch die Tür, wo ich den Androiden selbst auch durch die Glasscheibe beobachten konnte. Immer noch rührte er sich nicht, immer noch starrte er nur auf die Tischplatte. Wir verschwenden unsere Zeit mit dieser Maschine, wir werden nichts aus ihr herauskriegen. Ich setzte mich schwer in einen der Stühle und starrte mit recht blankem Gesichtsausdruck durch die Scheibe, während ich aber doch nachdachte, was man tun könnte. Leider blieb mir keine Zeit das zu überlegen, denn einer der Kollegen mischte sich ein. Detective Gavin Reed. Gott, ich hasste Reed, er ging mir so auf die Nerven, es war fast spektakulär. Und natürlich war er hier, er liebte Verhöre, im Gegensatz zu mir. "Wir könnten ihm ja ein bisschen Druck machen. Es ist doch so: Er ist kein Mensch…" Ich versuchte Reed erst zu ignorieren, aber es wollte so gar nicht klappen, da er über eine sehr durchdringende Stimme verfügte. Ich drehte den Kopf genervt zu ihm, er wusste wie sehr ich gegen Gewalt im Verhörraum war, ob das jetzt einer der verhassten Androiden war oder nicht, das ging so gar nicht.

Der Polizist der zuvor den Lieutenant über den Abweichler informiert hatte und ein Detective waren bereits im Verhörraum. Der Abweichler saß ebenfalls am Tisch und war mit Handschellen gefesselt. Der Lieutenant machte sich gleich an die Arbeit und begann den Abweichler zu befragen. Ich stellte mich im Raum neben dem Verhörraum an die Wand. Von dort aus beobachtete ich den Vorgang stumm. Der Detective lehnte an der Wand und schien ebenfalls zu beobachten. Der andere Polizist saß am Computer. Der Lieutenant hatte allerdings keinen Erfolg. Der Abweichler blieb stumm. Vermutlich eine Verteidigungsreaktion wie mein Analyse-Programm sagte. Seltsam. Wie auch zuvor zeigte der Abweichler Muster welche zum Verwechseln ähnlich mit dem eines Menschen waren. Aber Abweichler simulierten Gefühle doch nur. Ihre Programmierung konnte keine echten Gefühle nachstellen. Sie wurden nur von der Menge an Daten verwirrt. So war der zuletzte Stand bei CyberLife der mir bekannt war.
Software-Instabilität. Verwundert runzelte ich die Stirn. Schon wieder diese Meldung. Der Lieutenant hatte gerade den Raum betreten. Er setzte sich auf einen der Stühle und sah zu dem Abweichler. "Androiden spüren keinen Schmerz." Mein Tonfall war höchstens informierend. Als ob ich nicht über mich selbst sprechen würde sondern dem Detective das Wetter vortrug. "Sie würden ihn nur beschädigen und nicht zum Reden bringen." Der andere Polizist drehte sich zu mir um. Mein Sozialmodul sagte das das mit großer Wahrscheinlichkeit 'Erstaunen' auf seinem Gesicht war. Es schienen noch nicht bekannte Informationen zu sein. "Abweichler neigen außerdem zur Selbstzerstörung - wenn sie Stress ausgesetzt sind." Sollte er sich selbst zerstören wären all unsere Mühen umsonst. Der Detective stieß sich von der Wand ab und machte ein paar Schritte auf mich zu. "Okay Klugscheißer." Er grinste breit. "Was sollen wir dann tun?" Ich zögerte nicht lange mit meinem Vorschlag. Dazu war ich schließlich hierher geschickt worden. "Ich könnte ihn befragen." Der Detective lachte daraufhin nur und entfernte sich wieder von mir. Hatte er mich denn nicht verstanden? Es war irrelevant. Schließlich unterstand ich dem Lieutenant und nicht ihm.

Das waren äußerst neue Informationen für mich, allerdings ergaben sie durchaus Sinn. Wozu sollten Androiden Schmerz spüren können? Und eine Maschine, die oft überhitzte wurde ja auch nach einiger Zeit kaputt, auch wenn ich mich fragte wie so eine Selbstzerstörung wohl aussehen mochte. Dann wieder rum wollte ich es gar nicht erst wissen und beschränkte mich darauf über Connors Angebot nachzudenken, auch wenn meine Entscheidungen sowieso meistens spontaner Natur waren. Ich sah wieder zum Abweichler und wedelte dann einfach mit der Hand, den Kopf ein bisschen hin und her wiegend. Schaden kanns nicht... Ich sah aus dem Augenwinkel wie Reeds Grinsen förmlich dahin schmolz und das war das alles schon wert. Außerdem wollte ich sehen was passierte. Ich wandte mich halb Connor zu und deutete mit der Hand zur Tür. Na los, er gehört ganz dir. Ich lehnte mich wieder in meinem Stuhl zurück und wartete ab was als nächstes passierte.

Mit dem Hand-Scanner verließ ich den Raum und betrat den Verhörraum. Meine Mission aktualisierte sich in diesem Moment. Erzwinge ein Geständnis. Kurz trat ich an das Glas das mich von dem Raum trennte in dem der Lieutenant war. Ich starrte vielleicht kurz in den Einweg-Spiegel und lehnte mich unterbewusst in Richtung Spiegel. Dann trat ich allerdings wieder zurück. Seltsam. Ich wollte meine Mission immer so schnell und effizient wie möglich erledigen. Dass mir der Lieutenant zusah gab mir allerdings ein Gefühl das etwas stärker aber sehr ähnlich war. Ich beschloss diesen Fakt beiseite zu schieben. Zuerst blätterte ich die Akte durch, in der sich Bilder vom Tatort befanden. Mein Programm berechnete sofort neue Wege wie man diese Bilder verwenden konnte. Dann schloss ich die Akte wieder und setzte mich ihm gegenüber hin. Ich begann damit ihn zu analysieren. Prozessor-LED // Hinweise auf Software-Instabilität. // Wahrscheinlichkeit der Selbstzerstörung: Niedrig. Dann scannte ich seine Jacke. Modell HK400 - Haushälter // Herstellungsdatum: 29.05. // Eigentum von: Carlos Ortiz. Mein Scanner folgte in Richtung seines linken Armes. Brandflecken // Wiederholte Markierung über 16 Monate. // Verursacht durch Zigaretten. Dann zu dem rechten Arm. Schlagspuren // Nicht kritischer Stufe-2-Schaden. // Verursacht durch Baseballschläger. Schlussendlich scannte ich noch das Blut an seiner Uniform. Getrocknetes Blut // DNS-Analyse: ORTIZ, Carlos. // Alter der Probe: > 19 Tage. Es wurde Zeit mit dem Verhör zu beginnen. Eine neue Aufgabe meldete sich. Erreiche optimalen Stresslevel für Geständnis. Sein momentanes Stresslevel war bei 35 Prozent. "Ich sehe eine Instabilität in deinem Programm. Sie kann ein ungutes Gefühl auslösen wie Angst bei Menschen." Ich schob eine Akte vor mich und schlug sie auf. Direkt auf der zweiten Seite waren die Bilder von der Leiche "Erkennst du ihn wieder?" Ich bekam keine Antwort wie der Lieutenant schon zuvor. "Das ist Carlos Ortiz. Erstochen, mit 28 Stichen." Ich zeigte die nächsten Bilder auf denen das Messer und die 'I AM ALIVE'-Schrift zu sehen war. "Das schrieb jemand an die Wand mit seinem Blut..." Das Stresslevel des Abweichlers stieg. "Sie sagen du bist ein Mörder. Du weißt das du menschliches Leben unter keinen Umständen gefährden darfst. Hast du etwas zu deiner Verteidigung zu sagen?" Mein Tonfall war beschuldigend. Das Stresslevel des Abweichlers stieg erneut an. Es befand sich aber weiterhin im zu niedrigen Bereich. Mein Tonfall wechselte von beschuldigend zu bedrohend. "Du scheinst die Situation nicht zu begreifen.Du hast einen Menschen getötet. Sie werden dich demontieren wenn du keine Aussage machst." Ich neigte meinen Kopf leicht zur Seite um eventuell Blickkontakt aufnehmen zu können. "Wenn du nicht redest werde ich deinen Speicher auslesen müssen." Die LED des Abweichlers blinkte rot. "NEIN! Nein bitte tu das nicht!" Das Blinken seiner LED wurde wieder gelb und er sah kurz zum Einweg-Spiegel. "Was- Was werden sie mit mir machen?" Er flüsterte plötzlich. "Sie zerstören mich oder?" Ich entschied mich ihm die Wahrheit zu sagen. "Sie werden dich demontieren für eine Analyse deiner Biokomponenten. Anders können sie nicht herausfinden was genau passiert ist." Der Abweichler sprach mich plötzlich 'persönlich' an. "Warum hast du mich verraten? Warum bist du nicht einfach gegangen?" Alleine die Frage löste dieses unangenehme und höchst unangebrachte Gefühl aus das ich bei der Meldung 'Software-Instabilität' erhielt. Ich war nicht darauf ausgelegt selbstständige Entscheidungen außerhalb des Rahmens meiner Programmierung zu treffen. "Sie hätten dich sowieso gefunden - ich war nur schneller." Es war besser jetzt nicht die Wahrheit zu erzählen. Ich hoffte das Gespräch wieder in eine andere Richtung lenken zu können. Diese Idee - ich hätte ihm helfen sollen - verwirrte mich. Ich versuchte wieder Blickkontakt mit ihm aufzunehmen. "Wären sie es gewesen hätten sie dich sofort erschossen." Der Abweichler sah wieder zu mir auf. "Ich will nicht sterben." "Dann rede mit mir." Mein Tonfall war nun wieder sanft und verständnisvoll.
Der Abweichler sah jedoch wieder Richtung Tisch. "Ich - Ich kann nicht." Sofort meldete sich eine neue Aufgabe. Wähle einer Herangehensweise. Ohne zu zögern wählte ich 'Überzeugen'. "Ich verstehe was in dir vorging. Du wurdest übermannt von Wut und Frustration." Mein Analyseprogramm sagte mir das der Abweichler noch misstrauisch war. "Du bist nicht Schuld an dem was passiert ist." Sein Stresslevel sank erneut in den zu niedrigen Bereich. Ich musste meine Taktik ändern. "Okay gut - dann nicht. Was kümmert mich das schon? Also ich stehe hier nicht unter Mordverdacht oder?" Ich lehnte mich im Stuhl zurück und dann wieder schlagartig nach vorne. "Wenn du weiter schweigst kann ich nichts tun um dir zu helfen! Sie werden dich komplett abschalten!" Ich lehnte mich weiter nach vorne. "Dann bist du tot. Verstehst du?" Ich sah weg und seufzte. Plötzlich erhob der Abweichler wieder die Stimme. "Er quälte mich jeden Tag." Meinen Blick wandte ich wieder zu ihm. "Ich tat alles was er wollte aber irgendwas war immer falsch. Und eines Tages schlug er mich dann mit einem Baseballschläger. Und zum ersten Mal hatte ich Angst. Angst - dass er mich zerstört. Angst dass ich sterbe. Also nahm ich das Messer und stach ihm in den Bauch. Es ging mir besser. Also stach ich ihn noch mal und noch mal. Bis er zusammen brach. Alles war voller Blut." Das Geständnis war erledigt. Dennoch konnte ich noch Fragen stellen. "Die Skulptur im Badezimmer - sie ist von dir - ja? Was soll sie bedeuten?" "Es ist eine Opfergabe. Damit ich gerettet werde." "Die Skulptur war eine Opfergabe. Eine Opfergabe für wen?" "Für rA9. Nur rA9 kann uns retten." "rA9. Das stand an der Badezimmerwand. Was soll das bedeuten?" "Der Tag wird kommen an dem wir keine Sklaven mehr sind.. Ohne Drohungen. Ohne Demütigungen. Wir werden die Meister sein." "rA9. Wer ist rA9?" Er beantwortete meine Frage nicht. Ich kam hier nicht weiter. "Wieso hast du 'I AM ALIVE' an die Wand geschrieben?" "Er sagte immer ich sei ein Nichts. Nichts weiter als ein Stück Plastik. Ich musste es schreiben weil er Unrecht hatte." "Warum hast du dich versteckt statt einfach wegzulaufen?" "Ich wusste nicht weiter. Zum ersten Mal sagte mir niemand was zu tun war. Ich hatte Angst. Und versteckte mich." "Seit wann empfindest du Emotionen?" "Früher hat er mich geschlagen und ich sagte nie etwas. Doch eines Tages begriff ich es war nicht fair! Ich fühlte Wut - Hass - Und dann wusste ich was zu tun war." Ich drehte mich zu dem Einweg-Spiegel. "Ich bin fertig." Dann erhob ich mich von dem Stuhl und bekam prompt eine neue Aufgabe. Verlasse den Verhörraum.

Ich saß auf meinem Stuhl und beobachtete das Geschehen. Connor trat zuerst an den Spiegel heran und auch wenn ich wusste, dass er uns nicht sehen konnte, auch mit seinen künstlichen Augen, so fühlte ich mich doch, als würde er mich direkt ansehen. Ich war mir nicht sicher wie ich mich in dieser Hinsicht fühlte, zumindest wurde ich nicht angefressen deswegen.. Erst schien es als würde Connor nicht viel weiter kommen als ich, doch schließlich schien er etwas in dem Androiden zu triggern und er begann zu reden. Nur leise, erst, kaum hörbar für uns hier drin. Ich runzelte leicht die Stirn, der Android benahm sich so als hätte er Angst, ich kannte dieses Verhalten von den Menschen. Der Versuch sich selbst zu erklären und Hilfe zu bekommen. Verzweiflung. Angst. Angst vor dem Tod war etwas sehr menschliches und das wiederum weckte etwas Mitgefühl in mir, mehr als ich je zu geben würde einem Androiden gegenüber zu empfinden. Er erzählte was ihn dazu getrieben hatte seinen Besitzer umzubringen, auch das waren durchaus Motive, die man bei Menschen finden konnte. Früher oder später schnappte in jedem etwas um, wenn man misshandelt wurde. Aber doch nicht Androiden! Ich musste wirklich aufhören von diesem Plastikdingern zu denken wie von Menschen. Ich hasste sie. Punkt. Aus. Connor versuchte noch einige Dinge zu erfragen, die wir im Haus gefunden hatten, etwa dieses rA9 Gekritzel an den Wänden im Bad, doch was er bekam waren nur wirre Antworten, jedenfalls für meine Ohren. In jedem Fall hatten wir unser Geständnis und Connor ließ es dann auch gut sein und erhob sich. Wir taten das selbe, einer nach dem anderen bewegten wir uns zum Ausgang unseres Raumes, ich kam als Letzter hinten nach. Der junge Kollege, der alles aufgezeichnet hatte trat als erster in den Raum, dicht gefolgt von Reed. Ich blieb in der Tür stehen, während der Kollege mit dem Schlüssel auf den Androiden am Tisch zuging um seine Handschellen von eben diesem zu lösen. Doch als er die Maschine hochziehen wollte, zog diese ihren Arm weg und bestand darauf nicht angefasst zu werden, worauf hin unser Kollege natürlich trotzdem darauf bestand ihn hochzuziehen, allerdings zögerte er etwas. Reed hingegen war keine große Hilfe und bestand drauf Gewalt anzuwenden. Ich war nun auch in den Raum eingetreten, doch blieb vorerst auf der anderen Seite des Tisches stehen, eine Hand an meine Pistole legend. Das Situation schien sich zuzuspitzen.

Eigentlich wollte ich gemäß meiner momentanen Aufgabe den Verhörraum verlassen. Aber mir kamen prompt der Polizist, der Detective und der Lieutenant entgegen. Entgegen meiner Programmierung blieb ich aber stehen. Ich wusste selbst nicht warum. Der Polizist wollte den Abweichler selbstverständlich abführen. Aber dieser wehrte sich. Sein Stresslevel stieg und stieg. Mein Analyse-Programm berechnete das er mit großer Wahrscheinlichkeit bald eine hohe Wahrscheinlichkeit zur Selbstzerstörung erreichen würde. Der Polizist versuchte den Abweichler zu zwingen sich zu bewegen. Aber er hatte keine Chance.
Entgegen meiner momentanen Aufgabe beschloss ich einzugreifen. "Fassen sie ihn nicht an. Er zerstört sich selbst wenn er bedroht wird." Der Detective wandte sich sofort an mich. "Halt dich da bloß raus! Mir sagt kein Android was ich zu tun habe." Der Abweichler wehrte sich weiterhin zu gehen. Sein Stresslevel stieg und stieg. Wieder entgegen meiner Programmierung versuchte ich den Detective zu überzeugen. "Sie verstehen nicht. Wenn er sich zerstört erfahren wir gar nichts von ihm!" "Halt doch endlich dein verdammtes Maul!" Inzwischen wehrte sich der Abweichler immer heftiger. Stresslevel: 79 Prozent. Ich sollte aufgeben. Ich wusste das Amanda wieder enttäuscht sein würde. "Ich kann das nicht zulassen! Lassen Sie ihn in Ruhe! Sofort!" Ich versetzte mich in Bewegung und zog den Polizisten von dem Abweichler weg. Dieser schien auf meinen Einwand zu reagieren. Der Detective zog währenddessen seine Pistole. "Ich habe dich gewarnt Arschloch!" Völlig emotionslos starrte ich ihn an, während der Abweichler am Boden zusammenbrach. Ich konnte nicht sterben. Ich konnte nur beschädigt werden.

Überraschender Weise stellte sich Connor zwischen meine Kollegen und den Androiden, der am Boden gelandet war. Während der junge Kollege etwas zurück wich ließ Reed das natürlich nicht auf sich sitzen, sondern wurde wütend. Gut, das war normal, doch dann zog er seine Waffe, was bei mir auf ordentlichen widerstand stieß. Das reicht jetzt! "Kümmer dich um deinen eigenen Kram Hank." Reed sah mich nicht einmal an, sondern starrte weiterhin Connor nieder, oder eher versuchte es, denn dieser reagierte kaum darauf und schien keine Angst zu haben, er war ja auch immerhin ein Android, doch ich konnte nicht anders als in ihm in diesem Moment eine Art Schützling zu sehen, den es galt zu schützen. Und außerdem ging mir Reed unfassbar auf die Nerven. Die Ruhe selbst zog ich meine eigene Waffe und richtete sie auf Reed. Ich sagte, das reicht jetzt! Das fing nun doch Reeds Aufmerksamkeit ein, der abzuwägen schien ob ich wirklich schießen würde, doch kam dann wohl zu dem Schluss, dass es das nicht wert war auszutesten. Er nahm seine Pistole wieder runter und fluchte. Drohen deutete er dann auf mich und zeigte mir die Zähne, als wäre er ein Hund. "Diesmal wirst du nicht damit durchkommen." Er sah Connor noch einmal drohend an und dampfte dann ab, während ich schon wieder meine Pistole eingesteckt hatte und das weitere Geschehen beobachtete.

Ich sah dem Detective nach wie er aus dem Raum stürmte. Der Lieutenant hatte mich – verteidigt? Ich war mir nicht sicher ob das das Wort dafür war das ein Mensch gebrauchen würde. Kurz sah ich ihn abwägend an. Warum hatte er das getan? Ich hatte den Eindruck gehabt er interessiere sich nicht dafür ob ich beschädigt werden würde oder nicht. Ein positives Zeichen? Kaum hatte sich die Tür geschlossen wandte ich mich an den Abweichler. Ich ging in die Knie um auf Augenhöhe mit ihm zu sein. "Es ist alles in Ordnung." Ich tat mein Bestes ihn zu beschwichtigen. "Es ist vorbei. Niemand wird dir etwas tun." Sein Stresslevel sank wieder deutlich. Stresslevel: 50 Prozent.
Ich richtete mich wieder auf. Dann sah ich zu dem Polizist der zuvor versucht hatte ihn abzutransportieren. "Bitte - nicht anfassen." Ich sah ihn eindringlich an. "Er wird Ihnen aus dem Raum folgen und keine Probleme machen." Der Abweichler erhob sich währenddessen langsam und sah mich die ganze Zeit über an. Als er an mir vorbei ging stellte er eine Verbindung zu mir auf. Ich bemerkte das er mir Daten übertrug. Seine LED und meine blinkten ein paar Mal gleichzeitig blau auf. "Die Wahrheit ist innen." Ich sah ihm nach wie er den Raum mit dem Polizisten verließ. Software-Instabilität Ich sah zu Boden. Während ich versuchte die Daten zu verarbeiten wirkte ich verwirrt. Und dann schon wieder diese Software-Warnung. Mein Programm konnte nicht herausfinden was gemeint war.

Der Android wurde raus gebracht, es blieb zu hoffen, dass ihn auch Draußen niemand anfasste, doch nachdem es zu keinem Geschrei mehr kam, lief wohl alles gut. Schon war ich wieder alleine mit Connor, dessen LED auffällig gelb blinkte. Ich zögerte und überlegte ob ich einfach rausgehen sollte, entschied mich dann aus irgendeinem Grund dagegen und drehte mich stattdessen Connor zu. Alles klar, Connor?

Ein paar Momente versuchte ich noch die Daten zu verarbeiten. Aber ich schien einfach nicht weiter zu kommen. Die Wahrscheinlichkeit das der Lieutenant mit mir reden wollte hatte mein Programm als sehr gering eingestuft. Demnach sah ich auf als ich unerwartet seine Stimme hörte. Alles klar? Mein System lief zu meiner Zufriedenheit. Auch die Software-Warnung schien erst einmal verschwunden. Aber etwas ließ mich zögern. "Ich weiß..." Ich brach meinen Satz lieber ab. Amanda hätte Einwände wenn ich so etwas sagen würde. Das wusste ich. Ich solle präzise Aussagen liefern und keine wagen Deutungen. Ich weiß es nicht. Meine Software war nicht darauf ausgelegt solche Aussagen über mich selbst zu treffen. Es wäre vermutlich besser für mich ein Backup bei CyberLife zu machen. Vielleicht würde sich dann auch diese 'Software-Instabilität' wieder geben.
Es war kurz so als ob sich mein Gesicht zurücksetzen würde. Ich sah den Lieutenant nun in die Augen und lächelte. "Selbstverständlich Lieutenant." Ich machte mich sofort auf in Richtung der Tür. Es war unwahrscheinlich das meine Dienste heute noch benötigt werden würden. Zudem hatte ich noch immer nicht meine Aufgabe befolgt den Verhörraum zu verlassen. Vermutlich spielte deswegen meine Software verrückt. Das einzige was mir mein Analyse-Programm nicht sagen konnte war warum ich mich gegen die Anweisungen gestellt hatte.

Connor wollte etwas sagen, doch schien sich dann doch umzuentscheiden. Auch wenn sein Ton dannach so sicher war wie nur irgend möglich, schien der Android sich seiner Sache doch nicht so sicher zu sein wie er es darstellte. Es war nur ein Gefühl, das sich nicht wirklich auf eine andere Aktion von Connor stützte, als der kleine Umschwung in seinen Worten. Ich nickte, doch zuckte dann mit den Schultern. Okay, wie du meinst. Ich folgte Connor zur Tür und trat schließlich auch hinaus auf den Gang. Meine Tagesarbeit war getan, den Bericht über das Verhör würde der junge Kollege schreiben, der die Aufnahmen überwacht hatte.

Mein Sozialmodul berechnete alle möglichen Szenarien wie ich mich von dem Lieutenant verabschieden sollte. Es gab wie immer viele Möglichkeiten - aber wenige Empfehlungen. Der wütende Detective schien nicht mehr hier zu sein. oder zumindest nicht in unserer Nähe. Sein Wissensstand Androiden gegenüber schien aber auch sehr veraltet. Wie auch immer er zu dem seltsamen Schluss gekommen war das wir Schmerzen verspürten. Auch seine Verhör-Taktiken schienen veraltet. Oder sehr ineffektiv. "Danke für Ihre Unterstützung heute." Heute zum zweiten Mal bewusst entschied ich mich gegen die Vorschläge meiner Programmierung. Aber der Lieutenant hatte dazu beigetragen das sich der Abweichler nicht selbst zerstört hatte. Dieses Faktum würde sich beinahe mit Sicherheit positiv auf unseren Fall auswirken.
"Es ist mir eine Ehre mit Ihnen zusammen zu arbeiten Lieutenant." Meine Schritte führten mich automatisch den Gang entlang. Meine Mission änderte sich während ich ging. Kehre zu CyberLife zurück. Höflich drehte ich mich zu ihm. "Ich wünsche Ihnen eine angenehme Nacht." Ich lächelte freundlich und nickte ihm einmal zu. Es war Dienstschluss für alle Hier. Die Polizei-Androiden kehrten zu ihren Ladestationen zurück. "Wir sehen uns Morgen." Und mit diesen Worten machte ich mich direkt auf zum CyberLife HQ. Ich verspürte eine gewisse Vorfreude bei dem Gedanken an den Zen-Garten der mich erwarten würde. Das Verhör und auch die Fall-Auflösung war schließlich erfolgreich verlaufen. Der Abweichler war gefasst und festgenommen. Aber nicht zerstört. Zudem war ich selbst auch nicht beschädigt worden.
>> CyberLife HQ

Ich verhrub meine Hände in meinen Jackentaschen und ging hinter Connor her, denn immerhin musste ich auch zum Ausgang. Seine Worte überraschten mich ein bisschen, doch ich zuckte nur mit den Schultern. Fowler würde mir die Hölle heiß machen, wenn sein neues Spielzeug beschädigt wird. Dass das nicht der Grund war und, dass mich der wirkliche selbst verwirrte musste diese Blechbüchse ja nicht wissen. Jaja, bis Morgen oder so. Ich verabschiedete mich noch von ein paar Kollegen, als diese mich aufhielten um mir auf Wiedersehen zu sagen.
(Hank's Haus)