Nachdem Bailey etwas zur Seite gerutscht und auf den freien Platz geklopft hatte, setzte ich mich schließlich zu ihm*ihr. Aufmerksam sah ich meine*n beste*n Freund*in an, während er*sie sich in der Stille etwas aufrichtete. Langsam nickte ich auf ihre Antwort. "Du siehst furchtbar aus... Ich bin so froh, dass du noch lebst...! Vanir...", leicht schüttelte ich den Kopf und sah sie an. Mehr als froh, denn ich wollte meine*n beste*n Freund*in nicht schon wieder verlieren. Auf ihre Rückfrage folgte dann eine kurze Stille, da ich uberlegte, was ich sagen sollte. " Nicht so gut. Ich hatte unterwegs ein... Problem mit Menschen, die offensichtlich nicht so erfreut über Androiden sind", gab ich etwas zögerlich zu, "Hauptsache aber, du erholst dich und dir geht's bald besser!"

Orianna setzte sich aufs Bett wo ich Platz gemacht hatte und bestätigte mir das ich offensichtlich so aussah wie ich mich fühlte. Ich seufzte und nickte, sah zur Seite. „Ich… bin auch froh das ich noch lebe.“ gestand ich leise. Die Stunden die ich wirklich geschlafen hatte waren nicht sonderlich erholsam gewesen. Diese verfluchte Maske.
Besorgt sah ich auf als Orianna von dem Zwischenfall erzählte. „Magst du…mir erzählen was passiert ist?“ fragte ich zaghaft. Natürlich musste sie nicht erzählen was sie nicht wollte. Aber Sorgen machte ich mir schon um sie.

Ich wollte gar nicht darüber nachdenken, wie Bailey sich wohl gefühlt haben musste, als er*sie in Vanirs Fängen gewesen war. "Ich würde dich ja umarmen, aber ich möchte dir nicht noch mehr weh tun, als ohnehin schon", meinte ich ehrlich, als er*sie mich dann bereits fragte, ob ich darüber reden wollte. Zögerlich sah ich Bailey an. "Ja, um ehrlich zu sein schon... Aber hier müsste ich ein paar Details weg lassen... Weil ich nicht weiß, wer hier sonst noch mithören könnte", antwortete ich ihm*ihr vollkommen aufrichtig.

Ich musste doch etwas schmunzeln und breitete dann, wenn auch etwas lahm die Arme aus. “Die angeknackste Rippe hält das schon aus. Und die Schmerzmittel tun ihr übriges. Komm her.” erwiderte ich. So war ich schon immer mit meinen Schmerzen umgegangen. Einfach mit trockenem Humor und dummen Witzen. Das machte alles etwas erträglicher in meiner Sicht. Das dieses mal mein Leben auf dem Spiel gestanden hatte, da wollte ich gerade nicht drüber nachdenken. Auf ihre Antwort ob sie darüber reden wollte nickte ich verstehend. “Das ist okay. Dann erzähl was du kannst und magst.” erwiederte ich und sah sie abwartend an.

"Auch wenn man Verletzungen nicht herunter spielen sollte, gehe ich darauf ein", erwiderte ich nüchtern und lächelte knapp, ehe ich dann kurz meine Arme um Bailey schlang, jedoch ganz vorsichtig und locker, genauestens darauf bedacht, ihm*ihr nicht noch mehr weh zutun. Nachdem ich ihn*sie wieder los gelassen hatte, rieb ich leicht meinen Nacken. "Eigentlich wollte ich für dich da sein... Wenn du also darüber reden möchtest, bin ich gerne für dich da", gestand ich dann und senkte leicht den Blick. Immerhin war es Baileys Leben gewesen, das auf dem Spiel gestanden hatte. Ein Android wie ich war für die Gesellschaft leicht ersetzbar. Zudem wollte ich ihm*ihr nicht das Gefühl gegen, dass es mir egal war, was er*sie durchgemacht hatte.
Langsam hob ich wieder den Blick. "Nach unserem Telefonat wollte ich mit dem Bus zum Krankenhaus fahren, das war schneller und effizienter. Als ich bei den anderen Androiden stand, sind auf einmal diese Männer aufgetaucht. Sie haben uns gepackt und mit sich gezerrt", begann ich schließlich, leise zu erzählen, mein Blick war abwesend und geistig war ich weit entfernt, "von Anfang an war klar, dass sie nichts Gutes im Sinn haben. Aber... wir dürfen uns nicht wehren. Es ist uns untersagt, uns gegen Menschen zur Wehr zu setzen..."

Auch wenn Orianna nicht so ganz meiner Meinung war tat die Umarmung doch gut, so leicht und vorsichtig sie auch war. Nachdem wir uns wieder gelöst hatten setzte ich mich wieder mit einem Arm um meinen Oberkörper geschlungen hin und sah sie an. “Danke… Das bedeutet mir viel.” Ich fühlte mich noch nicht ganz bereit darüber zu sprechen wenn ich ehrlich zu mir war. Aber erst einmal war Orianna mit erzählen an und ich hörte ihr gebannt zu. Als sie erzählte zog ich die Augenbrauen zusammen. “Was ist dann passiert?” fragte ich zögerlich. Alles was als nächstes kam konnte nicht gut sein.

Die Umarmung tat wirklich gut, auf jeden Fall, auch mir. Vor allem dank Bailey und Hank hatte ich den Glauben in die Menschheit nicht komplett verloren, und ich hatte auch Glück, dass Connor sich ebenso für die Gerechtigkeit eingesetzt hatte, statt stur seinem Job nachzugehen. Seiner*ihrer Antwort nach zu urteilen nahm ich an, dass er*sie einfach noch nicht bereit war, darüber zu sprechen, langsam nickte ich. Immerhin wollte ich nur, dass er*sie wusste, dass ich auch für ihn*sie da war. Tief atmete ich durch, es fiel mir noch ziemlich schwer, darüber zu sprechen, ehe ich weiter sprach: "Sie haben uns mit einem schwarzen Van in ein verlassenes Haus im Lost District verschleppt. Dort haben sie begonnen, die beiden anderen Androiden... abzuschlachten. Sie sagten mir, dass sie mich aufheben wollen als großes Finale für ihr Video, weil ich so besonders sei...", brachte ich leise hervor, "ab hier muss ich ein paar Details auslassen. Jedenfalls hab ich es dem Eintreffen der Polizei zu verdanken, dass ich noch... lebe..."

Aufmerksam hörte ich Orianna zu als sie weiter erzählte. Man hörte das es für sie schwer war darüber zu sprechen. Aber ich war ihr doch irgendwie dankbar das sie erzählte was passiert war. Was mit den andern beiden Androiden passiert war und was diese Männer auch mit ihr vorgehabt hatten drehte mir den Magen um und ich verzog das Gesicht. "Das hört sich schrecklich an. Es tut mir so leid dass du das durchmachen musstest." meinte ich nach einer Weile. "Und... ich bin froh das du noch lebst." Ich wollte mir nicht vorstellen was wäre wenn Orianna abgeschlachtet worden wäre. Ich wollte sie nicht erneut verlieren. Das wäre einfach nur schrecklich.

Mein Blick war weiterhin sehr abwesend, mir ging einfach nicht aus dem Kopf, was geschehen war. "Ich schätze, wir beide haben heute... Schreckliches erlebt", meinte ich leise, ehe ich endlich wieder in das Hier und Jetzt zurück kam, und ihn*sie ansah. "Ich auch. Ich... Musste daran denken, als wir... Dass ich noch so viel mit dir nachholen wollte. Eines Tages werden sich unsere Wege trennen, aber nicht, nachdem wir uns erst seit kurzem wieder haben", fügte ich dann hinzu. All das war mir durch den Kopf gegangen. Und ich würde auch nie wieder einfach fort gehen und den Kontakt abbrechen.

Ich sah Orianna an und gab einen zustimmenden Laut von mir. Als sie dann wieder zu mir sah und weiter sprach lächelte ich knapp. „Ich hoffe einfach mal das wir uns erst in ferner Zukunft wieder trennen. Und das wir bis dahin noch vieles Aufgeholt bekommen.“ erwiderte ich und brachte ein kleines hoffnungsvolles Lächeln zustande.

Auch ich lächelte leicht, erwiderte Baileys kleines, hoffnungsvolles Lächeln. "Lass uns einfach nicht mehr zulassen, dass wir wieder getrennt werden", stimmte ich damit zu, "Das müssen wir unbedingt. Und ich freue mich auch darauf. Aber erst, wenn du wieder fit bist." Immerhin wäre er*sie heute selbst fast ums Leben gekommen. Die Teile meines Körpers waren ersetzbar, ihr Körper allerdings nur schwer. Und ich bezweifelte, dass Bailey letztendlich genauso als Android enden wollte, wie ich.

„Gute Idee. Lass uns das machen.“ stimmte ich Orianna mit einem nicken zu. Das ich dafür erst wieder gesund werden musste gefiel mir nicht unbedingt, aber sie hatte recht und ich seufzte leise. “Du hast ja recht, Einverstanden. Ich hoffe nur das ich bald wieder nach Hause darf.“ Diese sterile Umgebung konnte ich einfach nicht mit mir vereinbaren. Es war zu… einsam und nicht heimelig für meinen Geschmack. Außerdem konnte ich mich zuhause freier bewegen, nein, überhaupt ohne Hilfe fortbewegen.

Kurz darauf begann ich zu lächeln. "Es wird schon bald besser werden. Und bald kannst du wieder selbst alles machen", gab ich uberzeugt zurück. Ich wusste genau, wie es sich anfühlte, ans Bett gefesselt zu sein, nichts tun zu können. Bevor ich ein Android geworden war, war ich schließlich selbst lange krank gewesen...

//Timeskip//

Zwei Wochen waren mittlerweile vergangen, und ich hatte mich wieder auf den Weg gemacht. Nicht, um ihn*sie einfach nur zu besuchen, sondern um Bailey abzuholen, und lächelte leicht. Erneut war ich vor seiner*ihrer Zimmertür, wie das erste Mal, als ich hier war. Damit klopfte ich dann gegen die Tür und wartete wie immer auf sein*ihr Herein.

Oriannas Worte ließen mich wieder etwas Hoffnung schöpfen und ich lächelte

-Timeskip-

Zwei Wochen später saß ich auf dem Bett und band mir eben noch ein paar leichte Schuhe zu. Die meisten blauen Flecken waren nur noch Schatten und meine Rippe brauchte zwar noch ein paar Wochen und die Brandwunden würden auch noch etwas länger brauchen aber alles in allem war ich wieder halbwegs hergestellt und konnte entlassen werden.
Als ich ein Klopfen hörte sah ich auf. “Herrein.“ rief ich und setzte mich vernünftig auf. Ich war komplett angezogen und freute mich darauf wieder nach Hause zu kommen. Ein Rucksack mit meinen Sachen, um die ich Orianna über die zwei Wochen gebeten hatte lag neben mir und ans Bett gelehnt waren ein Paar Krücken. Laufen konnte ich noch nicht sehr gut. Aber ich hatte auch gelernt wie ich mit den Krücken schweben konnte ohne das es auffiel. Und für den Weg nach Hause würde das reichen.

Sofort trat ich ein und schloss nach mir die Tür. Die Unruhe war leider selbst nach zwei Wochen nicht von mir gewichen, und egal wie sehr ich versuchte, die Erinnerungen aus meinem Speicher in eine hintere Ecke zu verschieben, um sie in den Hintergrund zu drängen, es wollte einfach nicht richtig funktionieren. Doch genau das war das Einzige, was Androiden in dieser Gesellschaft tun sollten. Funktionieren. Dennoch waren wir so viel mehr als nur einfache Maschinen.
"Ich bin froh, dass du endlich wieder nach Hause darfst. Es ist so merkwürdig still ohne dich", lächelte ich Bailey an, während ich auf ihn*sie zu trat, "Ich übernehme gern den Rucksack mit deinen Sachen, aber lass dich erst einmal drücken." Selbstverständlich würde ich das nur ganz vorsichtig tun.