blessing in disguise » Das RPG: Kolonie Solomnia » Der Untergrund » Lost District
Logisch gesehen wusste ich das natürlich, denn kein Mensch und vermutlich auch kein Android konnte immer stark sein, immer das Richtige tun und immer die anderen Beschützen, aber ich wäre nicht ich selbst, würde ich mich nicht zu einem unmöglich hohen Standard halten. Es tut mir leid, Ralph, eigentlich wollte ich dich beschützen.

Aber wenn Blythe auch Hilfe braucht muss Ralph ihr doch helfen, oder? Meine LED blinkte in einem verwirrten Gelb. Hatte ich etwas falsch gemacht? Aber es konnte doch nicht falsch gewesen sein Blythe zu helfen. Oder?
Natürlich, Ralph, ich bin dir so dankbar, ich-, brach ich mitten im Satz ab und fragte mich hier einen Moment, ob ich mir diesen fundamentalen Fehler, der mich schon mein gesamtes Leben begleitete, wirklich eingestehen sollte, beschloss dann aber, dass ich das ruhig konnte. Ralph war meine Familie und ich vertraute ihm, genauso wie er mir trotz all meinen Fehlern vertraute. -ich habe immer das Gefühl, versagt zu haben, wenn ich nicht diejenige bin, die andere beschützt, auch wenn ich weiß, dass das unmöglich ist.

Ich sah Blythe immer noch wie ein verwirrter Welpe an, bis sie weiter sprach und erklärte was in ihr vor sich ging. Ich wusste nicht so recht was ich jetzt tun sollte, doch ich hatte das Gefühl, dass ich Blythe zumindest sagen sollte, dass sie nicht versagt hatte. Ich entschied mich zusätzlich dazu meine einzige Freundin wieder in eine feste Umarmung zu ziehen. Ralph denkt, dass es Blythe nicht schwächer macht, weil sie auch einmal gerettet werden muss, es macht sie nur menschlicher. Blythe ist vollkommen so wie sie ist, sie rettet immer Ralph, wenn er in gefahr gerät. Ralph denkt, dass Blythe es verdient hat beschützt zu werden, gerade weil sie das immer für andere tut. Ralph ist nicht perfekt und Blythe auch nicht, aber das müssen sie doch auch nicht sein, oder?
Dieser Welpenblick mit dem mich Ralph ansah, war wirklich herzzerreißend, und ich schlang sofort meine Arme um ihn, als er mich wieder in eine feste Umarmung zog. Die Worte, die er daraufhin zu mir sagte, ließen mich allerdings wirklich scharf einatmen, denn alles was er sagte machte natürlich absolut Sinn, aber es ausgesprochen zu hören, war einfach etwas komplett anderes. Danke, Ralph., meinte ich leise, nachdem er geendet hatte, Du bist zu gut für diese Welt.

Ich hoffte, dass es etwas brachte diese Worte zu sagen, ich wusste Blythe sonst nicht anders zu helfen. Meine ausgesprochenen Gedanken schienen zumindest irgendeinen Effekt zu haben und ich hoffte ihn richtig als einen Positiven zu deuten. Blythe auch. Blythe ist auch zu gut für diese Welt. Sie war so anders als die meisten anderen Menschen die ich kennenlernen musste, sie hatte von Anfang an versucht mich zu beschützen.
Danke., meinte ich leise und lächelte sanft, berührt von seinen Worten, da ich es nicht unbedingt gewohnt war so viel herzerwärmendes auf einmal zu hören, auch wenn es von jemandem kam, der mir so wichtig war. Es war auch schließlich nicht so, als wären alle Leute überhaupt einmal dankbar, wenn man ihnen das Leben rettete, so als Metamensch. Ich legte meinen Kopf auf seiner Schulter ab und schloss für einige Momente die Augen.

Ich lächelte leicht und strich Blythe vorsichtig mit einer Hand über den Rücken. Die kleinen Schürfwunden hatten sich bereits wieder vollkommen geschlossen und meine LED blieb stabil auf Gelb, auch wenn sie etwas flackerte, wenn mein Blick über die Unfallsstelle glitt, die ich halb im Blickfeld hatte. Hauptsache Blythe lebte noch.
Wir verblieben noch eine Weile so, auch wenn ich nicht genau sagen könnte, wie lange, bevor ich mich wieder sanft von Ralph löste, denn ich hatte beschlossen, dass das wirklich mehr als genug Action für unseren ersten Besuch draußen gewesen war. Vielleicht suchten wir uns das nächste Mal ein etwas stabileres Gebäude aus, oder ich ließ mich einfach nicht in solch dumme Situationen geraten. Wollen wir wieder nachhause?

Ich ließ Blythe sofort los, als sie sich von mir zu lösen begann und nickte heftig auf ihren Vorschlag hin. Ralph will wieder Nachhause. Allerdings stand zwischen mir und dem haus nun noch einmal die offene Straße. Unsicher sah ich zum Ausgang hinüber.
Dann gehen wir., meinte ich und zögerte kurz, bevor ich Ralph kurzerhand meine Hand hinhielt. Ich war es wirklich nicht gewöhnt Händchen zu halten, aber ich würde es natürlich probieren, wenn ich dafür Ralphs Nerven ein wenig beruhigen konnte.

Ein bisschen verwirrt sah ich zu Blythes Hand hinab, dann zu ihrem Gesicht und wieder hinunter, ehe ich nach kurzem weiteren Zögern meine Hand in ihre legte, nicht ganz sicher ob es richtig war was ich hier tat.
Sobald Ralph seine Hand in meine legte, schloss ich sanft meinen Griff, damit unsere Finger so verschränkt wurden. Es war im Grunde nicht viel anders, als mit einem Menschen das zu tun, aber dennoch hatte ich darin nicht unbedingt viel Erfahrung. Gemeinsam schaffen wir das., sagte ich und dann setzte ich mich auch schon langsam in Bewegung, wobei ich darauf achtete, so nahe wie möglich an Ralph zu bleiben, damit wir diesen kurzen Heimweg auch gemeinsam beschreiten konnten.

Meine LED drehte sich einige Male, während ich unsere verschränkten Hände betrachtete. ich mochte das, Blythe gab mir so etwas mehr Sicherheit. Es musste allerdings ein merkwürdiges Gefühl nach außen hin sein, denn an meinen Händen war teils die syntetische Haut, die meinen Körper überzog, und teils das weiße Plastik, dass meine Außenschicht bildete. Ich nickte schließlich und trat mit Blythe hinaus, wobei ich meine Schulter förmlich an die der Metafrau drückte.
Das Gefühl von Haut auf Haut war natürlich nicht gegeben und auch die Oberfläche an seinen Händen, die teilweise nicht mehr komplett verschlossen waren, fühlte sich anders an, aber diese physische Verbundenheit hatte sich nicht geändert. Das an die Hand nehmen von einer Person war schon immer ein sehr vertrauter Akt, zumindest für mich persönlich und trotz all der Narben und Imperfektionen, von denen meine Hände genauso übersät waren, gab es doch einfach nur ein Gefühl der Zusammengehörigkeit und der Sicherheit.
tbc.: Wohngebiete der Charaktere » Ralph's Haus